Goldener Bär geht erstmals an iranischen Streifen

61. Berlinale: Preisverleihung der Baeren
61. Berlinale: Preisverleihung der Baeren(c) dapd (Michael Gottschalk)
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Der Goldene Bär der Internationalen Filmfestspiele Berlin geht erstmals an den Iran. Der Gewinner ist: "Nader und Simin, Eine Trennung".

Die 61. Berlinale endete mit einem iranischen Triumph: Das Familiendrama "Nader und Simin. Eine Trennung" (Jodaeiye Nader az Simin) von Asghar Farhadi erhielt am Samstagabend nicht nur den Goldenen Bären als bester Film, sondern auch die beiden Silbernen Bären für die männliche respektive weibliche Darstellerleistung, mit der jeweils die gesamten Ensembles des Films geehrt wurden. Den Silberbären für die beste Regie erhielt hingegen der deutsche Regisseur Ulrich Köhler für sein Entwicklungshilfedrama "Schlafkrankheit". Und auch der österreichische Film konnte sich zum Berlinale-Ende freuen: Marie Kreutzers Spielfilmdebüt "Die Vaterlosen" erhielt als bester Erstlingsfilm eine lobende Erwähnung.

Die erstmalige Auszeichnung eines iranischen Wettbewerbsbeitrages auf der Berlinale durch die Jury unter Vorsitz von Isabella Rossellini wird von Beobachter als klares politisches Zeichen gewertet. Nicht zuletzt stand trotz Abwesenheit auch der iranische Regisseur Jafar Panahi im Mittelpunkt der Berlinale: Der regimekritische Filmemacher hatte seinen Platz in der Jury nicht einnehmen können, da er in seiner Heimat zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilt wurde. Rossellini hatte bei der Eröffnung der Filmfestspiele einen Brief des verurteilten Kollegen verlesen und demonstrativ einen leeren Stuhl mit seinem Namensschild aufgestellt.

Auch angesichts der wieder aufgeflammten Proteste gegen das Regime in Teheran kommt den Auszeichnungen für "Nader und Simin. Eine Trennung" - neben den drei Hauptpreisen der Jury erhielt das Werk auch die Auszeichnung der Ökumenischen Jury und der Leserjury der "Berliner Morgenpost" - eine Signalwirkung zu. Sie sei "mutig" und bewirke auch im Land selbst etwas, zeigte sich Berlinale-Chef Dieter Kosslick gegenüber dpa überzeugt: "Wenn da Bären heimgeschleppt werden - und dieses Mal sind es ja ganz schön viele - dann findet das der Iran auch gut." Regisseur Farhadi widmet sich in seinem Film der Scheidung eines Mittelstandsehepaares, in deren Folge die Situation eskaliert und mit einer Mordanklage endet. Dabei ist Farhadi kein Berlinale-Neuling. Bereits 2009 hatte er mit "Alles über Elly" einen Silbernen Bären für die beste Regie erhalten.

Dieser ging heuer an den Deutschen Ulrich Köhler. Er zeigt in "Schlafkrankheit" die Situation eines europäischen Arztes, dem es zwar gelingt, die Schlafkrankheitsepidemie einzudämmen, der sich aber von sich selbst entfremdet. Für das beste Drehbuch wurden hingegen die beiden Autoren der Koproduktion "The Forgiveness Of Blood", Joshua Marston und Andamion Murataj, ausgezeichnet. Unter der Regie von Marston erzählt "The Forgiveness Of Blood" von albanischen Jugendlichen, die unter dem Gesetz der Blutrache leiden. Auch der zweite deutsche Wettbewerbsbeitrag, Andres Veiels RAF-Drama "Wer wenn nicht wir", musste nicht ungekrönt nach Hause gehen: Der Regisseur erhielt den nach einem früheren Festivaldirektor benannten Alfred-Bauer-Preis, der an Werke verliehen wird, die neue Perspektiven der Filmkunst eröffnen. Mit dem Großen Preis der Jury wurde der Ungar Bela Tarr für sein Schwarz-Weiß-Epos "The Turin Horse" (A torinoi lo) geehrt.

Silberne Bären gab es überdies für die Kamera (Wojciech Staron) und das Produktionsdesign (Barbara Enriquez) von "El Premio" (Der Preis). Darin erzählt Regisseurin Paula Markovitch die Geschichte einer Kindheit zu Beginn der argentinischen Militärdiktatur. Schließlich erhielt Korea für den besten Kurzfilm noch einen Goldenen Bären, den es für "Paranmanjang" (Nachtangeln) der Brüder Park Chan-wook und Park Chan-kyong gab, die damit den österreichischen Kurzfilmbeitrag "Stick Climbing" des Schweizers Daniel Zimmermann ausstachen.

Freuen konnte sich dagegen eine andere Österreicherin: Marie Kreutzers "Die Vaterlosen" musste sich beim Preis für den besten Erstlingsfilm zwar "On The Ice" von Andrew Okpeaha MacLean geschlagen geben, erhielt gemeinsam mit "The Guard" von John Michael McDonagh jedoch eine lobende Erwähnung. In Kreutzers Werk treffen nach dem Tod des Vaters drei Geschwister aufeinander, die in einer alternativen Landkommune aufwuchsen, worauf nach Ankunft einer weiteren Schwester eine Erinnerungsreise in die Vergangenheit beginnt.

Die unabhängigen Jurys hatten ihre Voten hingegen bereits am Samstagvormittag bekanntgegeben. Der 13. Publikumspreis der Berlinale ging an "Tambien la lluvia" (Even The Rain) von Iciar Bollain und die Dokumentation "Im Himmel, unter der Erde. Der Jüdische Friedhof Weißensee". Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeichnete den finnisch-litauischen Film "Barzakh" aus, der Preis der Gilde deutscher Filmkunsttheater ging an den deutschen Bärenkandidaten "Wer wenn nicht wir". Die "Tagesspiegel"-Jury entschied sich für "Matchmaking Mayor" (Erika Hnikova), den DAAD-Kurzfilmpreis bekam "La Ducha" von Maria Jose San Martin und die Jury Dialogue en perspective würdigte mit ihrem Preis "Die Ausbildung" von Dirk Lütter. Über den Teddy Award für den besten lesBiSchwulen Film konnte sich der argentinische Beitrag "Ausente" freuen, während Armin Mueller-Stahl einen Ehren-Bären für sein Lebenswerk erhielt.

Seit der Eröffnung am 10. Februar wurden auf der heurigen Berlinale insgesamt 400 Filmen gezeigt. 16 davon ritterten im offiziellen Wettbewerb um den kleinen Bären in Gold. Wolfgang Murnbergers neuestes Werk "Mein bester Feind" lief dabei außer Konkurrenz. Heute, Sonntag, enden die Filmfestspiele mit dem traditionellen Publikumstag, an dem nochmals ausgewählte Produktionen gezeigt werden.

(APA)

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