Aufsichtsräte: Männer raus für Frauenquote

Austrian Economy Minister Mitterlehner attends the weekly cabinet meeting
Austrian Economy Minister Mitterlehner attends the weekly cabinet meeting(c) REUTERS (Herwig Prammer)
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Wirtschaftsminister und Frauenministerin verhandeln über Selbstverpflichtung der Firmen. Bei Verbund und BIG erwägt Mitterlehner, direkt einzugreifen.

[Wien] Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) meint seinen Vorstoß für mehr Frauen in Aufsichtsräten offenbar sehr ernst: „Wenn die Quote nicht durch das Auslaufen von Mandaten erfüllt wird, muss man sich anschauen, wie man das anders löst“, erklärt seine Sprecherin Waltraud Kaserer der „Presse“. Gemeint ist damit der Austausch von männlichen Aufsichtsräten gegen weibliche. Mitterlehner will bis 2013 ein Viertel der Aufsichtsräte von staatsnahen Betrieben mit Frauen besetzen, bis 2018 sollen es 30 Prozent sein.

Die Frauenquote soll als Selbstverpflichtung in jenen 56 Unternehmen gelten, bei denen der Staat zu 50 oder mehr Prozent Eigentümer ist, heißt es aus Mitterlehners Büro. Die Selbstverpflichtung soll vorerst allerdings nur auf freiwilliger Basis funktionieren: „Sanktionen sind zum jetzigen Zeitpunkt keine vorgesehen“, sagt Kaserer.

Anders sieht das schon in den beiden Unternehmen aus, die im direkten Einflussbereich des Wirtschaftsministeriums stehen: dem Verbund und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Dort könnte es zu den erwähnten unfreiwilligen Rochaden kommen. In der Regel wird ein Aufsichtsrat für fünf Jahre bestellt, beim Verbund erst vergangenes Jahr. Ein regulärer Wechsel wäre somit erst 2015 möglich.

ÖBB: Quote durch Nachbesetzen

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ), für ÖBB und Asfinag zuständig, bleibt lieber bei der weicheren Variante: „Man kann ja nicht jemanden raus werfen, nur weil er ein Mann ist“, sagt Bures-Sprecherin Susanna Enk. Sobald ein Vertrag auslaufe, werde darauf geachtet, dass der Posten mit einer Frau nachbesetzt wird.

In „ihren“ Unternehmen werde Bures die Vorgaben auf jeden Fall erreichen, außerdem seien in ihrer Amtszeit schon 18 Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt worden. Die Frauenquote im Aufsichtsrat der Asfinag betrage beispielsweise 40 Prozent.

Das stimmt – allerdings nur, so lange man die Belegschaftsvertreter nicht mitrechnet. In diesem Fall sind im Asfinag-Aufsichtsrat zwei von acht Posten mit Frauen besetzt, mit Claudia Kahr hat das Unternehmen seit dem Vorjahr sogar eine Aufsichtsratsvorsitzende.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek jedenfalls dürfte sich über Mitterlehners Vorschlag, den auch seine Partei unterstützt, sehr gefreut haben. Bereits am gestrigen Montag fanden Gespräche darüber statt, wie die Quotenregelung genau aussehen solle.

„Wenn wir alleine entscheiden könnten, hätten wir die Quote schon längst“, sagt Julia Vallsky aus dem Büro von Heinisch-Hosek. Die Frauenministerin fordert schon länger eine 25-prozentige Frauenquote in Aufsichtsräten von staatsnahen und börsenotierten Unternehmen. Sei das bis 2014 nicht erfüllt, müsse man über ein Gesetz nachdenken. Das schließt auch Mitterlehner nicht ganz aus, ein Gesetz sei für ihn aber nur die „Ultima Ratio“, wie er jüngst zur „Presse“ sagte.

In den Aufsichtsräten der 200 größten heimischen Unternehmen sind derzeit 10,3 Prozent Frauen, wie aus einer aktuellen Umfrage der Arbeiterkammer hervorgeht. In den 20 im Leitindex ATX notierenden Unternehmen liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten bei 8,5 Prozent, im EU-Durchschnitt sind zwölf Prozent der Aufsichts- und Verwaltungsräte Frauen.

Beschluss noch im März möglich

Womöglich wird Österreich gar nichts anderes übrig bleiben, als zu einem Gesetz zu greifen: Die EU-Gleichstellungskommissarin Viviane Reding hat angekündigt, zu rechtlichen Mitteln greifen zu wollen, sollten die in der EU tätigen Unternehmen nicht demnächst glaubwürdige Konzepte vorlegen.

Für die Grünen ist die anvisierte Selbstverpflichtung eine „zahnlose Absichtserklärung“, sie fordern eine gesetzliche Quote. Die Industrie sprach sich wiederholt gegen verpflichtende Quoten aus.

Die Selbstverpflichtung für Aufsichtsräte soll im März im Ministerrat behandelt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2011)

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