Ministerin Schmied "persönlich enttäuscht" von Noever

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Donnerstag wurde gegen Peter Noever Strafanzeige erstattet. Noever könnte wegen „tätiger Reue“ straffrei ausgehen. Die Wirtschaftsprüfung läuft noch, der Endbericht soll Ende März präsentiert werden.

Warum hat MAK-Direktor Peter Noever am Mittwoch so plötzlich die Flucht nach vorn angetreten, obwohl die Vorwürfe, er habe für seine Mutter Geburtstagsfeste auf Kosten „seines“ Museums für angewandte Kunst ausgerichtet, schon seit Monaten bekannt waren?

Ausschlaggebend war offenbar eine Kuratoriumssitzung, bei der sich herausstellte, dass der von ihm angerichtete Schaden weit größer sein dürfte als ursprünglich angenommen: Laut den Ergebnissen einer Untersuchung der Prüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers machen die Kosten, die dem Museum durch private Feiern entstanden sind, 132.000 Euro aus. Bis jetzt. Die Wirtschaftsprüfung läuft noch, der Endbericht soll Ende März dem Kuratorium präsentiert werden – es könnte sein, dass weitere Kosten dazukommen. Die Prüfer hätten nur einen Zeitraum von zehn Jahren unter die Lupe genommen – Noever war 25 Jahre lang Direktor des MAK.

Noever hinterlegt mindestens 220.000€

Noever muss nicht nur die 132.000 Euro zurückzahlen, er muss, um seine tätige Reue zu beweisen, auch Geld auf einem Treuhandkonto hinterlegen, mit dem sich das Museum schadlos halten kann, falls bei den weiteren Nachforschungen noch zusätzliche Beträge auftauchen sollten, die Noever unrechtmäßig aus dem Museumsbudget statt aus seiner Privatschatulle bezahlt hat. Kulturministerin Claudia Schmied sagte am Donnerstag in einem APA-Interview, Noever habe sich bereit erklärt, eine Gesamtsumme von 220.000 Euro zu hinterlegen – bezogen auf die geprüften zehn Jahre. Andere Kreise berichten, Noever selbst habe von 260.000 Euro gesprochen.

Er hat sich nach Auskunft des Kuratoriums bereit erklärt, „sämtliche finanziellen Schäden zu ersetzen“. Das Kuratorium und das MAK haben am Donnerstag Strafanzeige gegen Noever eingebracht. Wenn der ehemalige MAK-Direktor allerdings alles zurückgezahlt hatte, bevor die Behörde von dem Delikt erfuhr, könnte er wegen „tätiger Reue“ straffrei ausgehen. Aufklärungsbedarf gibt es noch in einigen Bereichen. So stehen etwa auch dienstliche Reisen des ehemaligen MAK-Direktors nach Los Angeles im Fadenkreuz der Wirtschaftsprüfer. Und nicht nur sie pflügen sich durch die Finanzen des MAK. In zwei Wochen beginnt der Rechnungshof mit einer Gebarensprüfung der letzten zehn Jahre des Museums.

Kandeler-Fritsch übernimmt interimistisch

Kulturministerin Claudia Schmied (SP) zeigte sich am Donnerstag gegenüber der APA von Noever „persönlich enttäuscht“, von seinem Rücktritt aber überrascht: „Aus meiner Sicht war das nicht erwartbar.“ Sie respektiere seinen Rücktritt aber als „sehr konsequenten Schritt“. Schmied fordert „volle Transparenz“ bei der Aufklärung: „Das Kuratorium ist jetzt am Zug, der Rechnungshof wird prüfen.“ Sie befinde sich auf „intensiver Suche“ nach einem Nachfolger. Das war sie schon vor Noevers Rücktritt – seine Amtszeit wäre mit Jahresende ausgelaufen. Ein Nachfolger hätte mit Jahresbeginn 2012 das Amt antreten sollen. „Aber wenn es früher geht, ist das eine gute Möglichkeit“, hofft die Ministerin auf eine rasche Nachbesetzung. Der Posten ist für die nächsten fünf Jahre ausgeschrieben. Bereits nach Bekanntwerden von Noevers überraschendem Rücktritt am Mittwoch hat dessen Stellvertreterin Martina Kandeler-Fritsch die interimistische Leitung übernommen. An ihrer von Noever gestalteten Büroeinrichtung will Schmied trotz der aktuellen Ereignisse nichts verändern: „Ich kann die Dinge sehr gut auseinanderhalten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2011)

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