Oscars 2011: Ein britischer Abend mit Schönheitsfehler

British actor, Colin Firth, best actor winner for his role in The Kings Speech, poses backstage ats Speech, poses backstage at
British actor, Colin Firth, best actor winner for his role in The Kings Speech, poses backstage ats Speech, poses backstage at(c) Reuters (Mike Blake)
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Es war eine Nacht ohne Überraschungen – fast jedenfalls. Das Königsdrama "The King's Speech" holte vier Oscars. Einer der Favoriten ging leer aus. Natalie Portman und Colin Firth wurden als beste Darsteller geehrt.

Es war ein eindeutiger Sieg, aber kein königlicher Triumphzug: Das britische Historiendrama "The King's Speech" wurde bei der 83. Oscar-Verleihung seiner Favoritenrolle gerecht und räumte vier goldene Statuetten ab. Da konnte nur "Inception", Christopher Nolans Action-Blockbuster über verschachtelte Träume, mithalten. Der erhielt ebenfalls vier Oscars, allerdings in den Nebenkategorien beste Spezialeffekte, beste Kamera, bester Ton und bester Tonschnitt.

"The King's Speech" holte sich die Oscars in den Kategorien bester Film, beste Regie und bester Hauptdarsteller sowie bestes Original-Drehbuch. Das sind zwar die Königskategorien, dennoch enttäuschte das Drama um den stotternden englischen Thronfolger ein wenig. Schließlich war "The King's Speech" zwölf Mal nominiert gewesen. David Finchers Facebook-Drama "The Social Network" musste sich mit drei Oscars (für den besten Soundtrack, das beste adaptierte Drehbuch und den besten Schnitt) zufrieden geben.

Es war ein Oscar-Abend mit wenigen Überraschungen. Dass Colin Firth und Natalie Portman zu den besten Darstellern gewählt wurden, hatten sämtliche Buchmacher vorhergesagt. Auch bei den Oscars für die Nebenrollen setzten sich mit Christian Bale und Melissa Leo (beide "The Fighter") die Favoriten durch. Die von den Jungstars James Franco und Anne Hathaway moderierte Oscar-Show wirkte hölzern, nur ein Kurz-Auftritt von Spaßvogel Billy Crystal sorgte für echte Lacher.

Coen-Western "True Grit" als großer Verlierer

Zumindest eines hatte der Oscar-Abend - einen großen Verlierer: Den Coen-Western "True Grit" war zehnmal nominiert und ging komplett leer aus. Schlimmer erwischte es in der Oscar-Geschichte nur Steven Spielbergs "Die Farbe Lila" (1986) und Herbert Ross' "Am Wendepunkt" (1978), die beide jeweils elfmal nominiert waren und ohne Trophäen blieben.

Auch der mehrfach nominierte Psycho-Thriller "Black Swan" von Darren Aronofsky musste sich mit nur einem Oscar begnügen: Bloß Natalie Portman als ehrgeizige Ballerina wusste die Jury zu überzeugen. Die 29-Jährige bedankte sich in ihre Rede bei der "wunderschönen Liebe, Benjamin Millepied, der diesen Film choreografiert hat und mir nun die schönste Rolle meines Lebens gibt". Portman erwartet von Millepied ein Kind.

Britischer Humor und ein berührender Auftritt

Aber zurück zum Sieger des Abends. Für ein wenig Erstaunen sorgte, dass der Brite Tom Hooper für "The King's Speech" den Oscar als bester Regisseur bekam. Bislang hatte er fast ausschließlich TV-Produktionen gedreht. Hooper dankte vor allem seiner Mutter. Sie sei es gewesen, die ihn auf das Drehbuch brachte. "Und die Moral dieser Geschichte", schloss er seine Rede ab: "Hör auf deine Mutter!"

Mit britischem Humor glänzte auch Colin Firth: "Ich habe das Gefühl, meine Karriere hat soeben ihren Höhepunkt erreicht", sagte der 50-Jährige. Und warnte das Publikum gleich: Er verspüre Gefühle im Oberkörper, "die sich in Tanzbewegungen verwandeln könnten". Mit typisch britischem Humor setzte er fort: "Ich hoffe, sie bewegen sich nicht in meine Beine, bevor ich die Bühne verlasse." Ein Dank gebühre auch Ehefrau Livia Giuggioli, so Firth, denn sie wisse mit seinen "royalen Anwandlungen" umzugehen.

Berührend war der Auftritt von "The King's Speech"-Autor David Seidler. Der 73-Jährige, als Kind selbst Stotterer, hielt sein Drehbuch auf Wunsch des britischen Königshauses drei Jahrzehnte lang zurück. Erst nach dem Tod von Queen Mum wurde das Filmprojekt realisiert. "Mein Vater hat immer zu mir gesagt, ich sei ein Spätzünder", scherzte Seidler. "Ich glaube, ich bin der Älteste, der jemals diesen spezifischen Preis bekommt. Ich hoffe, dieser Rekord wird bald und oft gebrochen."

Melissa Leo und das verpönte "F-Wort"

Es wäre wohl ein gänzlich wohlerzogener, britischer Abend geblieben, wäre nicht Melissa Leo bei ihrer Dankesrede für den Oscar als beste Nebendarstellerin ein peinlicher Fauxpas unterlaufen.  "Als ich vor zwei Jahren Kate Winslet dabei zugesehen habe, hat es so 'fucking easy' ausgesehen", sagte sie in ihrer Aufregung und nahm damit das verpönt "F-Wort" in den Mund. Prompt erinnerte auch Bale in seiner Dankesrede an den verbalen Ausrutscher.

Zu einem der wenigen Höhepunkte der Oscar-Nacht zählte der Auftritt der mittlerweile 94-jährigen Hollywood-Legende Kirk Douglas. Er präsentierte die Kategorie "Beste Nebendarstellerin". Moderatorin Anne Hathaway gefiel ihm offenbar: "Wo waren Sie, als ich noch Filme gemacht habe?", fragte Douglas. Dass er nur mehr schwer verständlich reden kann, nahm er mit Humor. Er zögerte die Bekanntgabe der Siegerin gekonnt heraus. "Ich erinnere mich noch genau daran", schwelgte er etwa in Erinnerungen an seine eigenen Nominierungen: "Drei Mal, und jedes Mal habe ich verloren."

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