USA schulden China ein Drittel mehr

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Peking hält weit mehr US-Staatsanleihen als gedacht, weil Käufe falsch zugeordnet wurden. Der Schuldner ist erleichtert – und fürchtet zugleich die steigende Abhängigkeit.

Wien/Gau. Zuweilen wissen die Empfänger einer Nachricht nicht, ob sie darüber jubeln oder wehklagen sollen. So ergeht es gerade den Amerikanern. Seit gestern ist bekannt, dass die Rolle Chinas als Gläubiger der US-Regierung stark unterschätzt wurde. Peking hält 1160 Milliarden Dollar an US-Staatsanleihen, gut ein Drittel mehr als noch Mitte Februar bekannt. Das entspricht 42 Prozent – statt vermuteten 32 Prozent – der chinesischen Devisenreserven.

Der Überbringer der frohen Drohbotschaft ist das US-Finanzministerium. Es gibt alle zwei Wochen bekannt, welches Land wie viele seiner Schuldpapiere hält. Meist ändert sich dabei nicht viel. In der neuen Übersicht aber blieb kaum ein Stein auf dem anderen.

Denn diesmal flossen Erkenntnisse eines Jahresberichts ein. Für ihn hatten die Statistiker genauer hingeschaut, woher die Investoren stammen. Dabei entdeckten sie, dass China die US-Papiere nicht nur im Land des Schuldners kauft, sondern auch an anderen Finanzplätzen – zum Beispiel über Händler in London. In der Folge wanderten 268 Mrd. Dollar in die China-Zeile, vor allem auf Kosten von Großbritannien und Kanada.

Lockere Geldpolitik verkrampft

Eine schlimme Sache, finden viele US-Beobachter. Denn die Konzentration ist stärker als gedacht, die Abhängigkeit größer. Amerikas Verhandlungsposition wird weiter geschwächt. Außenministerin Hillary Clinton hat schon eingestanden, wie schwer es ist, politische Forderungen an den wichtigsten Gläubiger zu stellen.

Eine tolle Sache, meinen hingegen viele Analysten. Sie hatten andere Ängste, und die haben sich vorerst als übertrieben erwiesen. Denn die chinesische Führung hatte immer wieder angedroht, die Veranlagung ihrer Reserven breiter zu streuen. Wirft China viele US-Papiere auf den Markt, drückt das den Kurs und erhöht die Rendite. Neue Anleihen müssen dann höher verzinst werden, die Schulden werden immer schwerer finanzierbar. Die Nervosität war zuletzt deutlich gestiegen. Denn aktuell ist gar nicht China der größte Financier der US-Regierung, sondern die US-Zentralbank Fed. Im Rahmen der „geldpolitischen Lockerung“ hat sie bisher Treasuries im Wert von 1205 Mrd. Dollar aufgekauft und mit diesem frischen Geld die Bankreserven erhöht. Dadurch hält sie die langfristigen Zinsen niedrig, um so den Aufschwung zu beschleunigen und die Arbeitslosigkeit zu senken.

Bis Ende Juni soll das Programm noch auf 1600 Mrd. Dollar aufgebläht werden. Dann aber ist Schluss, und niemand weiß, wie die Zinsen reagieren, wenn die Fed mit ihrer „Exit“-Strategie beginnt. Muss man den privaten Gläubigern, die dann wieder stark gefragt sind, höhere Zinsen bieten? Chinesen in Verkaufslaune, die den Kurs drücken, passen in diesem Szenario gar nicht ins Konzept.

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Chinas gebundene Hände

Könnte Peking aber überhaupt auf einen Teil der US-Anleihen in seinem Staatsschatz verzichten? Chinas Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA ist ein Faktum. Weil reine Devisenbestände unverzinst bleiben, besteht immer Interesse, in andere, verzinsliche US-Werte zu investieren.

Die halbe Welt vermutet noch mehr: dass China auch deshalb um große Beträge US-Papiere kauft, damit der Dollar hoch und der Yuan niedrig bleibt. So will es wohl seinen Exporteuren einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Aber wird es dabei bleiben?

Chinas Führung fürchtet immer mehr, dass die steigende Inflation im Land soziale Unruhen auslösen könnte. Ein Mittel dagegen wäre eine schnellere Aufwertung der eigenen Währung. Beamte im US-Finanzministerium warten schon auf die Meldung, dass die bedrängten Machthaber zu diesem Mittel greifen. Und auch eine solche Nachricht müsste den Amerikanern zugleich Freude und Kopfzerbrechen bereiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2011)

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