Ein „Don Quixote“ zum Verlieben

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Staatsballett-Direktor Manuel Legris bringt Rudolf Nurejews Choreografie nach Wien zurück und landet mit seinen Tänzern beim Publikum einen vollen Erfolg. Für die Kompanie ist „Don Quixote“ ein Geschenk.

Don Quixote reitet wieder. Von einem Requisiten-Pferd getragen, schwingt er erhobenen Hauptes die Lanze und begibt sich auf die Suche nach seiner unsterblichen Liebe: Dulcinea. Dass er in dem nach ihm benannten Ballett mit steifen Beinen und stierem Blick nur als Randfigur (sympathisch: Thomas Mayerhofer) über die Bühne tappt, tut der Freude über diesen Abend an der Staatsoper keinen Abbruch.

Rudolf Nurejew hat diese Fassung von Marius Petipas 1869 uraufgeführtem Stück 1966 für das Wiener Ballett choreografiert und selbst die Hauptrolle des bis über beide Ohren verliebten Basil getanzt. 1985 verschwand der Klassiker von der Bühne – nur in Wien, nicht international. Für Manuel Legris war „Don Quixote“ eines der wichtigsten Stücke, die er in Paris tanzte – als Einstandsgeschenk für das Wiener Publikum und das Staatsballett bringt dessen neuer Direktor sein Lieblingsstück zurück ins Repertoire an der Staatsoper. Neu sind das sich dezent im Hintergrund haltende Bühnenbild und die von spanischer Folklore inspirierten Kostüme von Nicholas Georgiadis.

Für die Kompanie ist „Don Quixote“ ein Geschenk – und eine Chance, die sie bei der Premiere zu nützen verstand. Selten birgt ein Ballettabend so viele Möglichkeiten für die Tänzer: durch klassische, vor allem auf technischem Können aufgebaute Passagen, wie sie Nurejew aus der russischen Heimat kannte, durch spanischen Tanz und Csárdás, aber auch durch Dramatisierung einer nachvollziehbaren Handlung, die schauspielerischen Anspruch an die Tänzer stellt, mitunter sogar slapstickartige Pantomimen erfordert. Eine große Herausforderung für jedes Ensemble. Legris schenkte seinen Tänzern aber volles Vertrauen, verzichtete zur Premiere auf Gastsolisten. Die Hauptdarsteller Maria Yakovleva (als störrisch-charmante Wirtstochter Kitri) und Denys Cherevychko (als die Angebetete umwerbender Barbier Basil) dankten es ihm, indem sie das Publikum mit ihrer hervorragenden Performance zu Begeisterungsstürmen hinrissen.

 

Szenenapplaus schon beim ersten Solo

Yakovleva gab beschwingt und grazil das aufmüpfige Mädchen: eine wandlungsfähige Ballerina, die elegant ebenso wie kindlich-schnippisch oder hinreißend beleidigt sein kann. In ihrer Rolle bewies sie auch ihr Können im humorvollen Fach. Cherevychko war ihr ein temperamentvoller, quirliger Partner, der mit Sprüngen und exakten Posen schon beim ersten Solo Szenenapplaus erntete und sich trotz der gewaltigen Anstrengung zum Schluss zu einer entspannt servierten, eindrucksvollen Höchstleistung steigern konnte.

Auch die weiteren Rollen waren bestens besetzt: Christoph Wenzel sorgte als Sancho Pansa für Klamauk, Franz Peter Karoly grantelte als Wirt, Gabor Oberegger stolzierte als spitzenbesetzte Persiflage auf den reichen Adel umher. Ioanna Avraam und Natalie Kusch sorgten mit exaktem Timing für Schwung. Eno Peci kämpfte als Torero mehr mit dem Cape als mit dem von seiner Partnerin angedeuteten Stier, umgarnte aber elegant und mit viel Charakter Ketevan Papava, die als feurige Spanierin Temperament zeigte. Olga Esina hatte einen viel beachteten Auftritt als fast unwirklich schwebende Königin der Dryaden: In den Reprisen tanzt sie die Hauptrolle. Auch Ludmila Konovalova, die zur Premiere als Solistin die Brautjungfer gab, bekommt diese Gelegenheit.

Insgesamt ist das Stück in fünf verschiedenen Besetzungen zu sehen: Kitri wird von Yakovleva, Esina und Konovalova sowie Nina Polakova und der chinesischen Gastsolistin Qimin Wang getanzt. Basil spielen Cherevychko, Masayu Kimoto, Vladimir Shishov sowie die Gaststars Leonid Sarafanov und Denis Matvienko. Für Freude sorgte auch das Orchester: Dirigent Ermanno Florio sorgte für einen kräftigen, klaren Klang (Musik: Ludwig Minkus, arrangiert von John Lanchbery), verstand auch, auf die Bedürfnissen der Tänzer feinfühlig einzugehen. So herrschte zwischen Bühne und Orchestergraben eine bei Balletten in Wien selten erlebte Einheit. Legris und Kompanie durften den Abend als vollen Erfolg verbuchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2011)


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