Plagiatsjäger wollen auch Grasser, Hahn und Pilz prüfen

Plagiatsjaeger wollen auch Grasser
Plagiatsjaeger wollen auch Grasser(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Neben elf deutschen Regierungsmitgliedern stehen auch österreichische Politiker auf der Liste der neuen Plattform "Plagipedi". Im Visier ist außerdem Papst Benedikt XVI.

Nach dem mittlerweile zurückgetretenen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nehmen die Macher der Internetseite "GuttenPlag" weitere Dissertationen von Politikern ins Visier. Auf der Liste der neuen Plattform "Plagipedi" finden sich auch Österreicher. So dürfte sich demnächst die Diplomarbeit des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser zum Thema "Die Klein-AG der Schweiz" über neue Leser freuen.

Auch EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) steht auf der Liste. Er war bereits zu seiner Zeit als Wissenschaftsminister mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Der als "Plagiatsjäger" bekannte Medienwissenschafter Stefan Weber hatte ihm schon 2007 vorgeworfen, bei seiner Dissertation "Perspektiven der Philosophie heute - dargestellt am Phänomen Stadt" (1987) "absolut schlampig gearbeitet" und "seitenweise abgeschrieben" zu haben. Die Uni Wien ging den Vorwürfen nach, verzichtete letztendlich aber auf die Einleitung eines Plagiatprüfungsverfahrens.

Pikant: Auch die Doktorarbeit des Grünen-Abgeordneten Peter Pilz steht auf der "Liste der zur Überprüfung vorgeschlagenen Arbeiten". Er hatte zuletzt Plagiatsjäger Weber mit einer neuerlichen Überprüfung von Hahns Dissertation beauftragt. Pilz hat 1983 sein Studium der Volkswirtschaft an der Uni Wien mit einer Doktorarbeit über "Ökonomische Auswirkungen der Einführung neuer Medien" abgeschlossen. Doktorvater war der spätere Grünen-Parteichef Alexander Van der Bellen, nunmehr für die Koordinierung der Wiener Unis zuständig.

Elf deutsche Regierungsmitglieder

Auf "Plagipedi" angeregt wird aber die Untersuchung der Arbeiten von elf weiteren der insgesamt 16 Mitglieder der deutschen Regierung, darunter jene von Kanzlerin Angela Merkel ("Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden", 1986) oder Bildungsministerin Anette Schavan ("Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung", 1980).

Im Visier der Plagiatsjäger sind u.a. auch der frühere bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), Bestsellerautor Thilo Sarrazin (SPD), der frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Michel Friedman (CDU), Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Margret Wintermantel, Präsidentin der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz. Außerdem die Dissertationen des deutschen Ex-Kanzlers Helmut Kohl und des deutschen Ex-Präsidenten Horst Köhler.

Und sogar die Dissertation von Papst Benedikt XVI. alias Josef Aloisius Ratzinger über "Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche" aus dem Jahr 1953 soll überprüft werden.

(APA)

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