Verdächtige auf Vorrat züchten

Das geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung geht eindeutig zu weit.

In der Logik der Exekutive ist es ja durchaus verständlich: Man will alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Verbrechern auf die Spur zu kommen – und deshalb auf möglichst viele Daten Zugriff haben, die ohnehin schon da sind. Der Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung geht auf genau diesen Wunsch zurück – und räumt der Polizei erweiterte Zugriffsrechte auf Daten, die bei Telefon- und Internetprovidern gespeichert werden müssen, ein. Und das zum Teil ohne richterliche Anordnung. Und sogar ohne konkreten Verdacht – nämlich unter dem Schlagwort der „Abwehr allgemeiner Gefahren“. Eine Logik, die man von diversen Antiterror-Maßnahmen der USA kennt: Im Zweifel lässt man Grundrechte eben Grundrechte sein. Und züchtet sich quasi Verdächtige auf Vorrat, auf die man bei Bedarf zurückgreifen kann. Erst mal alles von allen sammeln, ob unschuldig oder nicht, irgendwas wird dabei schon hängen bleiben...

Kein Wunder, dass der Vorsitzende des Datenschutzrats im Bundeskanzleramt aufschreit: Es bestehe eine „ernste Gefahr für die Freiheit der Bürger“, heißt es in einem Gutachten. Eine Freiheit, die dem Innenministerium, das hinter dem Entwurf steht, offensichtlich nicht viel wert sein dürfte.

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2011)

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