Aufsichtsräte: "Hören wir auf mit der Quotengeschichte"

Schenz Foto: Clemens Fabry
Schenz Foto: Clemens Fabry(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Richard Schenz, der Kapitalmarktbeauftragte des Finanzministeriums, will ein Qualitätssiegel für Aufsichtsräte. Verpflichtende Frauenquoten lehnt er ab.

Etwa jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied in Österreich ist weiblich, in den Kontrollgremien der ATX-Unternehmen sitzen gar nur 8,5 Prozent Frauen. Dass ein höherer Frauenanteil wünschenswert wäre, darüber ist man sich in Österreich einig. Eine verpflichtende Quote, wie dies die Arbeiterkammer fordert, stößt aber in Teilen der Wirtschafts- und Finanzwelt auf Ablehnung. "Hören wir endlich auf mit der Quotengeschichte", bekräftigte am Donnerstag Richard Schenz, der Kapitalmarktbeauftragte des Finanzministeriums.

Ihm gehe es darum, die Qualität der Kontrolleure zu verbessern. Eine neue - freiwillige - Zertifizierung soll dabei helfen. Debakel wie Madoff, Skylink und Co. könne man so freilich nicht verhindern, gibt Alfred Harl, Obmann des Fachverbands Unternehmensberatung und IT (UBIT) in der Wirtschaftskammer, aber zu.

Aufsichtsräte in Verruf geraten

Seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise sind Österreichs Aufsichtsräte in Verruf gekommen. So hat zum Beispiel Ferdinand Lacina, Kontrolleur der in den Madoff-Skandal verwickelten Wiener Bank Medici und früher Finanzminister, den Namen Madoff vor dem Auffliegen des Schneeballsystems nie gehört, wie er damals selbst sagte. Auch in diversen Wirtschaftsverfahren geht es immer wieder um mögliche Versäumnisse von Aufsichtsräten.

Wenn gegen ein Kontrollorgan ein Strafverfahren eröffnet wird, würde es Schenz durchaus für angebracht halten, das Mandat niederzulegen oder zumindest ruhen zu lassen, wie er sagte. Auch Wiener-Börse-Vorstand Heinrich Schaller schloss sich dem an, gab aber zu bedenken, dass ein laufendes Verfahren nicht notwendigerweise bedeutet, "dass er was angestellt hat". Generell setzt Schenz bei Aufsichtsräten auf Freiwilligkeit bzw. den Corporate Governance Kodex, ein Regelwerk, dem sich börsenotierte Unternehmen freiwillig unterwerfen.

"Starre Quote ist abzulehnen"

Die fünfjährige Funktionsdauer von Aufsichtsräten sei "an sich nichts Schlechtes", meinte der frühere OMV-Boss. Höchstens, wenn jemand bei mehr als jeder zweiten Sitzung fehlt, könne man ihn absetzen. Puncto Frauen forderte er Geduld. "Es wird doch niemand erwarten, dass man qualifizierte Aufsichtsräte rausnimmt", nur um dann den Posten mit einer Frau nachzubesetzen. "Eine starre Quote ist auf alle Fälle abzulehnen", machte er klar. In manchen Unternehmen - etwa im Banken- oder Versicherungsbereich - säßen ohnehin viele Frauen im Aufsichtsrat. Dagegen brauche man in anderen Bereichen "technisches Know-how", als Beispiel nannte Schenz den Anlagenbauer Andritz oder den Stahlriesen voestalpine.

Bei Privatunternehmen müsse man sich außerdem fragen, ob man den Eigentümern vorschreiben könne, wie sie ihre Kontrollgremien besetzen. Wie man ändern kann, dass Aufsichtsräte von Firmen in Staatshand vielfach nach Parteibuch statt nach Qualifikation beschickt werden? "Ich werde Finanzminister Josef Pröll über die heutige Pressekonferenz informieren und ihn auf die Zertifizierung aufmerksam machen", so Schenz.

Qualitätssiegel für Aufsichtsräte

Das vom Fachverband UBIT initiierte Qualitätssiegel CES für Aufsichtsräte wird von Schenz und der Wiener Börse unterstützt. Um ein "Certified Supervisory Expert" zu werden, müssen zunächst Nachweise über Aus- und Weiterbildung sowie Praxiserfahrung erbracht werden. Dann müssen sich Anwärter - die übrigens bestätigen müssen, nicht wegen eines Wirtschaftsdelikts verurteilt worden zu sein und nicht in ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren verwickelt zu sein - einem einstündigen Hearing unterziehen. Das Zertifikat gilt dann für drei Jahre.

Aufsichtsrat zu sein sei "nicht eine Art Nebenjob, den man aus Gefälligkeit macht", es gehe darum, dass die Kontrollorgane qualifiziert seien, sagt UBIT-Obman Harl. Wenn der Finanzplatz Österreich international eine Rolle spielen wolle, "muss die Qualität höher sein - ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Männer oder Frauen handelt", meint auch Börse-Vorstand Schaller.

"Nicht verwandt oder verschwägert"

Schenz ist "Anhänger eines unabhängigen Aufsichtsrats". Unabhängigkeit definiert er so: "Nicht verwandt oder verschwägert, in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Kernaktionär."

Harl ist optimistisch, dass sich auch langgediente Aufsichtsräte in entsprechende Schulungen setzen. "Erfahrene kommen genauso wie Unerfahrene".

(APA)

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