Abgeschlossen wird später. Auf Messen geht es darum, Kontakte zu knüpfen, Beziehungen zu vertiefen, Gespräche anzubahnen. In Cannes genauso wie in München oder Wien.
Im März in Cannes, im Mai in Wien, im Oktober in München. Diese Termine sind in den Kalendern der meisten Immobilienfachleute rot angestrichen. Bei der Mipim in Südfrankreich, so hieß es früher immer in der Branche, werden Kontakte gepflegt, bei der Expo Real in Bayern dann die Deals abgeschlossen. Das hat sich mittlerweile ein wenig geändert. Egal, ob in Frankreich, Deutschland – oder auch in Österreich bei der Gewerbeimmobilienmesse Real Vienna – heute steht vor allem das Networking im Vordergrund.
Geschäfte anbahnen
Für Michael von Zitzewitz, bis März 2010 Vorstandssprecher der Messe Frankfurt, sind Messen „prädestiniert für Geschäftsanbahnungen und das Kommunikationsvehikel schlechthin“. Heuer wird der Experte in Abstimmung mit den Betreibern bei der Real Vienna, die von 24. bis 26. Mai über die Bühne geht, seine Erfahrungen einbringen. Der Messeprofi ist vom Standort Wien begeistert. „Die Besucher kommen wegen der hohen Lebensqualität sehr gern hierher. Und ich glaube, dass auch aufgrund der Vergangenheit Wien als Kommunikationszentrum zu Osteuropa hin gebraucht wird.“ Einer der Wermutstropfen ist für von Zitzewitz allerdings die mangelnde Präsenz der Politik. „Bei allen Messen in Europa sind Bürgermeister anwesend, in Wien tut sich da nichts.“
Die Lage in der CEE-/SEE-Region, auf die sich die Real Vienna fokussiert, stellt sich derzeit zwar nicht so rosig dar, für Aussteller ist es aber wichtig, Flagge zu zeigen. So etwa für Ralph Scheer, Geschäftsführer von Drees & Sommer Österreich: „Der Standort Wien ist sehr wichtig in Bezug auf Osteuropa. Daher ist es als Unternehmen wesentlich, dass man hier anwesend ist und präsentiert.“ Die Kontaktpflege, ob zu bestehenden Kunden oder zu neuen sowie zu Geschäftspartnern ist für viele Firmen ein wesentlicher Faktor, um auf der Real Vienna auszustellen oder die Messe zu besuchen. Viktor Wagner, Geschäftsführer der Reiwag, nützt sie, um die Niederlassungsleiter aus den sechs CEE-Ländern einzuladen, in denen er vertreten ist. Zum Beispiel findet ein Kreativmeeting im Rahmen der Messe statt.
Vorarbeiten und nachbereiten
Kontakten, besprechen, netzwerken – wenn dies bei Messen im Mittelpunkt steht, will das gut geplant sein: Der Erfolg eines Besuchs entscheidet sich nicht am Tag der Veranstaltung, sondern schon im Vorfeld, sagt Immobilienanwalt Alfred Nemetschke von Nemetschke, Huber, Koloseus Rechtsanwälte. Die Planung der eigenen Termine und ein entsprechendes Marketingkonzept seien wichtig, „sonst ist es besser zu Hause zu bleiben“. Der Markt verändere sich sehr schnell, Mitarbeiter wechseln häufig. Messen sind für Nemetschke daher auch die Möglichkeit, den Überblick über eigene und andere Netzwerke zu bewahren. Aber auch für die Zeit nach der Messe bleibt viel zu tun, wenn dort Kontaktpflege betrieben wird. „Man hat in Folge mehr Geschäft nach der Messe, muss Termine aufarbeiten“, sagt von Zitzewitz.
Gutes-3;0 Chancen sieht der Experte nicht zuletzt für mittlere Unternehmen – hier habe sich in den vergangenen Jahren in der allgemeinen Messelandschaft einiges geändert. Da sich viele kleinere Firmen den Vertriebs- und Marketingapparat großer Konzerne nicht leisten können, könne für sie der Auftritt bei einer Messe enorm wichtig sein. So manche von ihnen hätten im Anschluss an Veranstaltungen „80 bis 90 Prozent des Jahresumsatzes gemacht“, sagt von Zitzewitz.
French Connection
Die Expo Real kam 2010 auf 1645 Aussteller, in Wien verzeichnete man 220 ausstellende Unternehmen. Bei der Real Vienna verspricht man sich auch einiges von einer Kooperation mit den Kollegen von Reed Midem, die die Mipim in Cannes organisieren. Zum Beispiel gibt es dadurch Kontakte zu „internationalen Schwergewichten der Branche wie Knight Frank, Jones Lang Lasalle, DTZ oder Polnord“, wie Christian Friedl, Leiter des Geschäftsbereiches Messen bei Reed Exhibitions Messe Wien, festhält. Und in München setzt man wieder auf das Terminkonzept des Vorjahres – die Messe findet im direkten Anschluss an das Oktoberfest statt.
In den letzten Jahren waren die großen Gewerbeimmobilienmessen, wie die gesamte Branche auch, von sinkenden Zahlen geprägt, Aussteller und Besucher hielten sich zurück. Nun sieht man sich in einer Konsolidierungsphase. Der neue Mipim-Direktor Filippo Rean etwa rechnet in einem Interview mit der deutschen „Immobilienzeitung“ zwar nicht mit einem Boom, geht aber von leicht wachsenden Besucherzahlen (rund 18.000 waren es 2010) und einem leichten Anstieg bei den Ausstellern (zuletzt 1727) aus. www.reedmidem.com,
www.realvienna.at