Heilige Heiterkeit: Über die verändernde Kraft des Lachens

Der Jubel in Ägypten und der Fasching feiern menschliche Freiheit. Aus welchem Ernst möchte ich ausbrechen?

Warum hat man dieses Öl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Erlös den Armen gegeben?

Joh 12,5

Ich habe gelacht wie nie zuvor in meinem Leben“, sagt ein ägyptischer Demonstrant in einem Interview von „al-Jazeera“ über jenen Abend des 11.Februar, als Hosni Mubarak endlich zurückgetreten ist. „Wir haben die ganze Nacht gelacht und einander Witze erzählt.“

Ägypten lag im Freudentaumel, und mit Ägypten freuten sich Beobachter aus aller Welt über jenen Sieg der Würde eines Volkes. Es war ein emotionaler Umschlag nach vielen durchwachten Nächten, nach Wochen der Ungewissheit und hilfloser Wut. Doch nicht nur die angestauten Emotionen wochenlanger Proteste schlugen an jenem Abend um, sondern auch die Spannung von Jahrzehnten, in denen subtile Politik der Ängstigung die Stimmung von Minderheiten und des ganzen Volkes bedrückt hatte. So sehr bedrückt, dass die Perspektivlosigkeit vielen zu einer selbstverständlichen Kruste verhärtet war, die im explosiven Lachen jener Nacht zerbarst.

Der Jubel einer Nacht hat Ägypten verändert und Energien freigesetzt, die freilich erst in vielen Tagen ernster Arbeit zu einem neuen Ägypten führen können. Was bleibt, ist die verändernde Kraft des Lachens, das von menschlicher Freiheit kündet, eine heilige Heiterkeit.

Vom Lachen der politischen Befreiung weiß schon die Bibel: „Als der Herr die Gefangenschaft Zions wendete, da waren wir wie Träumende. Da war unser Mund voller Lachen und unsere Zunge voll Jubel. Da sagte man unter den Nationen: ,Der Herr hat Großes an ihnen getan!‘“

Um die Frage, ob Jesus gelacht hat, baut Umberto Eco seinen Roman „Im Namen der Rose“. Das Buch vom Lachen Jesu liegt im Giftschrank der Bibliothek eines mittelalterlichen Klosters, um ein System von Zwängen aufrechtzuerhalten. Auch, wenn die Bibel nicht ausdrücklich vom lachenden Jesus berichtet, war ihm dies offensichtlich wichtig: „Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“

Die Frage des Judas, warum das wertvolle Parfum, mit dem Jesus gesalbt worden ist, nicht verkauft worden sei, um mit dem Erlös Arme zu unterstützen, weckt Widerspruch: weil dies die letzte Gelegenheit für Maria war, mit einer Verrücktheit zu zeigen, was sie für Jesus empfand. Vielleicht war dies die Tragik des Judas, die Heiterkeit verloren und sich im Ernst der Sache verbohrt zu haben.

Die Bibel weiß um die befreiende Kraft der Heiterkeit. Nicht nur das große ägyptische Lachen, auch unser kleiner Fasching lässt uns aus allzu ernstem Alltag ausbrechen. Die Art, wie in meiner Familie, in meinem Unternehmen, in meiner Kirche gelacht werden darf, sagt viel über deren Sinn für die Würde menschlicher Freiheit aus. Welche Kultur des Lachens erlebe ich? Aus welchem Ernst möchte ich ausbrechen?

Bimail steht für Bibelmail, ein wöchentliches Rundschreiben des Teams um Pater Georg Sporschill, adressiert an Führungskräfte. Darin werden Lehren aus der Bibel auf das Leben von heute umgelegt.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2011)

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