"Initiative Transparenz in der Wissenschaft" gegründet

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Weil die Universität Wien nicht auf Plagiatsvorwürfe gegen EU-Kommissar Hahn reagiert, initiiert der Wiener Philosoph Herbert Hrachovec ein Anti-Plagiatsprojekt.

Österreich bekommt eine "Initiative für Transparenz in der Wissenschaft". Diese soll ab Montag im Internet unterzeichnet werden können. Der Begründer der Initiative, Herbert Hrachovec vom Institut für Philosophie der Universität Wien, will damit dagegen protestieren, dass die Uni-Leitung den Plagiatsvorwürfen gegen EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) nicht nachgehe, sagt er.

Hrachovec hat vor zwei Jahren eine Analyse der ersten hundert Seiten der Dissertation Johannes Hahns angestellt und im Internet veröffentlicht. Als im Rahmen der Plagiatsaffäre um den deutschen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Dissertation von Ex-Wissenschaftsminister Hahn wieder Thema wurde, hat Hrachovec einen Brief an die Universitätsleitung geschrieben, in dem er diese zum Handeln aufforderte. Eine Reaktion sei jedoch ausgeblieben.

In dem Schreiben wirft Hrachovec der Uni vor, "mit einer ausgeklügelten Strategie die transparente Behandlung dieses Problems verhindert" zu haben. Er sehe das "als Beleg der rücksichtslosen Realpolitik, die ich immer wieder beobachten konnte".

Unzureichende Prüfung der Uni Zürich?

Konkret wirft Hrachovec der Uni vor, sie habe dem Gutachter der Uni Zürich nur Ausschnitte der Dissertation Hahns zur Verfügung gestellt. Auf Basis dieser "unzureichenden Textgrundlage" habe dieser kein Plagiat nachweisen können. Das sage aber nichts über die Arbeit insgesamt aus. Hahns Arbeit sei "nicht nur inhaltlich gehaltlos (und stellenweise lächerlich)", sondern genüge darüber hinaus nicht wissenschaftlichen Minimalstandards", schreibt der Philosoph in dem Brief.

Eine weitere Überprüfung der Doktorarbeit sei zudem unmöglich gemacht worden, da von den vier Exemplaren, die es zur Zeit von Hahns Abschluss von Abschlussarbeiten geben musste, keines mehr auffindbar sei, so Hrachovec. Er selbst verfüge allerdings über ein Exemplar, eine Analyse der ersten 100 Seiten ist außerdem auf die deutsche Seite Plagipedia verlinkt worden, auf der kollektiv überprüft wird, ob (vornehmlich deutsche) Politiker in ihren wissenschaftlichen Arbeiten abgeschrieben haben.

"Uni Wien fehlt Integrität"

"Würde Hahns Dissertation in Plagipedia reingestellt, kann man davon ausgehen, dass es so ausgeht wie bei Guttenberg", ist der Philosoph überzeugt, dass Hahn plagiiert hat. Doch schon die Analyse der ersten hundert Seiten, die sich seit dem Guttenberg-Skandal hunderte Personen besorgt hätten, zeige, "dass es der Universität Wien im Vergleich zu Bayreuth die wissenschaftliche Integrität fehlt".

An der Uni Wien sieht man unterdessen die Überprüfung von Hahns Doktorarbeit als abgeschlossen an, wie eine Sprecherin des Rektorats versichert. Dieser sei durch das Gutachten der Uni Zürich entlastet worden, das auch transparent zugänglich gemacht worden sei. Solange keine neuen Fakten an Studienpräses Brigitte Kopp herangetragen würden, gebe es keinen Anlass für weitere Untersuchungen. Allerdings könne jeder neue Informationen an Kopp herantragen, die dann entscheide, ob und wie den neuen Vorwürfen nachgegangen werde. "Das gilt immer und für jede wissenschaftliche Arbeit, egal wer sie geschrieben hat."

(Ag.)

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