Klimaschutz: Aus für Benzinautos 2050

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Der Verkehr, die Haushalte, die Industrie und die öffentliche Hand sollen bis 2050 den CO2-Ausstoß um 80 Prozent verringern. Die Kommission geht von jährlichen Kosten in der Höhe von 270 Milliarden Euro aus.

Wien/Brüssel. Geht es nach den Plänen der Europäischen Kommission, soll der Klimaschutz eine technische Revolution auslösen. Bis 2030 sollen in Europas Innenstädten nur mehr halb so viele Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor fahren wie heute. Bis 2050 sollen sie völlig aus dem Verkehr verschwinden. Das sind erste Details aus dem „Weißbuch Verkehr“, die vom deutschen „Handelsblatt“ veröffentlicht wurden.

Brüssels Überlegungen zur Verkehrspolitik sind Teil des Bestrebens, bis zum Jahr 2020 den Ausstoß an Treibhausgasen um ein Fünftel zu senken. Europas Unternehmen und Bürger sollen zu diesem Zweck auch Energie effizienter verwenden als derzeit. Energiekommissar Günther Oettinger hat am Dienstag einen diesbezüglichen Plan vorgestellt. Sein Ziel: Im Jahr 2020 soll der Energieverbrauch Europas durch Sparmaßnahmen um ebenfalls ein Fünftel sinken. Die Europäer würden dann nach dieser Prognose Energie im Wert von umgerechnet rund 1,47 Milliarden Tonnen Öl verbrauchen. Täte man nichts, wären es 1,84 Milliarden Tonnen.

Die Kommission schlägt folgende Maßnahmen vor:


•Grüne Autos im Verkehr. Der gesamte Verkehr ist für 23 Prozent der CO2-Emissionen und für 73 Prozent des Ölverbrauchs verantwortlich. Allein in Österreich verursacht der Verkehr pro Jahr 26 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Nicht nur, um die Klimaziele zu erreichen, sondern auch in Hinblick auf eine zunehmende Verknappung der Ölressourcen bereitet die EU den Umstieg auf alternative Antriebstechniken vor. Unter dem Schlagwort „Green Cars“ hat die EU bereits fünf Milliarden Euro für die technische Entwicklung von Elektroautos und anderen Alternativen (Brennstoffzellen, Wasserstoff etc.) bereitgestellt. Den Trend hat auch die Autoindustrie aufgegriffen. 2012 wollen Renault-Nissan als erste Hersteller mit der Massenproduktion von E-Autos beginnen.


• Amtsgebäude sanieren. Die Kommission schlägt den nationalen Regierungen vor, alle Behörden dazu zu verpflichten, pro Jahr drei Prozent der staatlichen Gebäude zu sanieren. Das wäre rund doppelt so viel wie derzeit. Jedes sanierte Amtsgebäude sollte danach so energieeffizient wie die besten zehn Prozent der Gebäude im jeweiligen Land sein. Die öffentliche Hand sollte sich zudem dazu verpflichten, im Beschaffungswesen nur auf höchstmögliche Energieeffizienz zu bestehen – egal, ob es ein neues Kopiergerät betrifft oder einen neuen Vertrag mit einer Reinigungsfirma.

• Altbauten sanieren. Bereits seit Juni 2010 gilt eine EU-Richtlinie über Energieeffizienz von Gebäuden. Sie gilt aber nur für Amtsgebäude und Neubauten ab dem Jahr 2020. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten nun recht unbestimmt auf, Maßnahmen zu setzen, mit denen auch die Kosten für die Sanierung von Altbauten zwischen Mietern und Vermietern geteilt werden. Hier hat Oettinger dem Druck der Vermieterverbände nachgegeben. Noch im November hatte sein Generaldirektor Philip Lowe nämlich gesagt, die Kommission müsse verbindliche Ziele zur Finanzierung der Althaussanierung vorgeben. Denn aus dem Budget der EU oder der Nationalstaaten gäbe es für diese Maßnahmen angesichts der Sparzwänge kaum neues Geld. In Österreich wird derzeit jährlich eines von hundert Häusern saniert. Im Jahr 2020 sollen es drei von hundert Häusern sein: Darauf haben sich Bundesregierung und Bundesländer Anfang 2010 geeinigt. Diese Zielsetzung ist freiwillig.


• Energie-Audits für Industrie.Große Industrieunternehmen sollen künftig verpflichtend die Effizienz ihres Energieverbrauchs prüfen lassen. Die Kommission lässt aber offen, was mit Betrieben passieren soll, die diese jährlichen verpflichtenden Prüfungen nicht bestehen. Ein hartes Ringen um ihren diesbezüglichen Gesetzesvorschlag ist programmiert. (Bericht dazu auf Seite 2)


• Sanfter Druck auf Versorger.Die Kommission möchte Europas Energieversorger dazu anregen, dem Beispiel Großbritanniens zu folgen und ihre Kunden aktiv beim Energiesparen zu unterstützen – allerdings ebenfalls nur freiwillig.

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1000 Euro Ersparnis pro Jahr

All dies soll dazu führen, dass sich jeder Haushalt im Durchschnitt 1000 Euro pro Jahr erspart. Zudem soll damit dazu beigetragen werden, dass die EU im Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent weniger Treibhausgase ausstößt, als sie das 1990 tat. Dazu wären laut Kommission jährlich rund 270 Milliarden Euro oder 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung an Investitionen nötig – Geld, das ebenfalls aus den unter Spardruck stehenden Budgets kommen müsste.

Der Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern war in seiner bisher vorliegenden volkswirtschaftlichen Rechnung zum Klimaschutz noch von Investitionen von einem Prozent des BIPs ausgegangen. Er hatte argumentiert, dass ohne diese Investitionen die globale Erwärmung an Folgekosten fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung kosten würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2011)

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