Mehrere Österreicher, mit denen DiePresse.com Kontakt hat, verfolgen die Nachrichten vom AKW mit Sorge. Eine Flucht aus Tokio steht im Raum. Die Verwandten in der Heimat haben Angst.
"Die Bilder vom AKW sind beunruhigend", sagt Sascha Kwetina. Der Auslandsösterreicher lebt in Tokio, nur 250 Kilometer von Fukushima entfernt. Nach einer Explosion im dortigen Atomkraftwerk gibt es viele Spekulationen und Panikmache. Zumindest außerhalb von Japan. Die Einwohner von Tokio "nehmen das eher stoisch hin". Allerdings vertraut der 23-Jährige den offiziellen Informationen nicht ganz. "Ich hab das Gefühl, dass in den japanischen Medien nicht alles berichtet wird", sagt Kwetina. Freunde von ihm würden sich bereits auf den Weg nach Westen machen, möglichst weg von dem Kraftwerk. "Mulmig ist mir schon", gibt er zu.
Gerüchte kursieren
Kwetina ist einer von mehreren Österreichern in Japan, mit denen DiePresse.com Kontakt hat. So wie auch Pia Paßecker. Die 27-Jährige Tullnerin sitzt derzeit mit ihrem Freund gebannt vor dem Fernseher und verfolgt die Entwicklung in Fukushima. Sie erzählt von mehreren Gerüchten, die in Tokio kursieren. Etwa, dass ätzender Regen herunterfallen würde. "Die Leute laufen draußen aber wieder ganz normal herum", berichtet sie. Auch sei die Rede von einer radioaktiven Wolke gewesen, die sich auf Tokio zu bewegen würde. "Aber das stimmt nicht", sagt sie. "Der Wind geht nach Norden." Sie bemängelt, dass es zu wenige verlässliche Informationen gebe. "Das mit dem Kraftwerk macht mir aber Sorgen", gibt sie zu.
Mutter in Österreich hat Angst
Paßecker selbst ist ratlos, was sie tun soll. "Ich hab die österreichische Botschaft angerufen, die können noch nichts sagen." Ihre Mutter sei aber besorgt. "Sie will, dass ich möglichst schnell wieder nach Hause komme", sagt die studierte Japanologin. Sie kritisiert die ausländische Berichterstattung über den Vorfall: "Die ganzen Artikel verursachen und verstärken die Verwirrung noch." Japanische Experten würden über das staatliche Fernsehen empfehlen, dass man zu Hause bleiben solle. Kwetina und seine japanische Verlobte sind noch unschlüssig, was sie tun sollen. "Ich trau den Behörden nicht ganz", sagt der Linzer. Eine Flucht aus Tokio habe das Paar aber nicht vor - sie würden aber bereits darüber reden. Verwandte und Freunde im Westen könnten sie aufnehmen.
Flucht zum Flughafen
Margret Hirsch, mit der DiePresse.com als Erstes nach dem Beben Kontakt hatte, hadert derzeit auch mit einer Ausreise. "Zwei Österreicher, die bei mir waren, sind sofort zum Flughafen", erzählt sie. Sie wisse aber nicht, ob sie überhaupt ein Ticket bekommen hätten. Auch sie wird "ständig" von Verwandten angeschrieben, die sie beknieen, zurück in die Heimat zu kommen, weg aus der möglichen Gefahrenzone. Hirsch sagt, sie sei derzeit "ziemlich im Stress" wegen der ganzen Aufregung. Sie will Montagfrüh nach Österreich zurückfliegen, hat bereits einen Flug gebucht.
Öffentliche Kritik an Regierung
Neben der Sorge um das eigene Wohl gelten die Gedanken der Österreicher in Japans Hauptstadt auch Bekannten im Norden des Landes. Die Großmutter von Kwetinas Verlobter lebt unweit der 60-Kilometer-Schutzzone um Fukushima in der Provinz Niigata, eine Bekannte in Ibaraki, das zwischen Tokio und Fukushima liegt. Beiden dürfte es aber den Umständen entsprechend gut gehen. Auch Paßecker kennt eine Familie im Norden des Landes. Sie ist aber ebenfalls in Sicherheit. Ein ungutes Gefühl bleibt dennoch. "Eine Nachrichtensprecherin hat gerade die Regierung beschuldigt, Informationen zurückzuhalten", berichtet Kwetina. Eine ungewöhnlich heftige Kritik, wie sie im japanischen Fernsehen sonst nicht üblich ist.
(db)