Brüssel geht gegen Ungarns "Krisensteuer" vor

(c) AP (BELA SZANDELSZKY)
  • Drucken

Die Europäische Union eröffnet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn. Abgabe für Telekomkonzerne sei nicht konform mit dem EU-Telekommunikationsrecht. Auch Krisensteuern anderer Länder würden geprüft.

Brüssel/Auer. Pünktlich zum Jahreswechsel richteten 13 europäische Großkonzerne einen erbitterten Appell an die EU-Kommission: Brüssel solle Ungarn zur Vernunft bringen. Um sein Budgetloch zu stopfen, erließ das Land zuvor nämlich eine Reihe an Sondersteuern für ausländische Konzerne. Große Telekomfirmen müssten demnach bis zu 6,5 Prozent, Energieversorger 1,05 und Handelsunternehmen bis zu 2,5 Prozent der Jahresumsätze an den ungarischen Fiskus abführen– rückwirkend ab 2010.

Gute drei Monate später wurde die EU-Kommission nun aktiv: Sie eröffnet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn. Im Visier ist vorerst nur die Sondersteuer für Telekom-Unternehmen, von der sich Ungarn jährlich 220 Mio. Euro erwartet. Brüssel befürchtet, dass diese Steuer unvereinbar mit dem EU-Telekommunikationsrecht ist. Eine Sonderabgabe für Telekom-Betreiber sei nur zulässig, wenn sie in direktem Zusammenhang mit der Deckung von Regulierungskosten stünde, erklärte die Behörde. Die Kommission klagt auch gegen Frankreich und Spanien wegen ähnlicher Telekom-Steuern. Zwei Monate hat Ungarn für eine Stellungnahme Zeit. Schlussendlich könnte die Angelegenheit vor dem EuGH landen.

Ungarns Firmen nicht betroffen

Österreichs Unternehmen in Ungarn müssen auf derartige Unterstützung aus Brüssel noch warten. Sie sind, wie etwa Spar oder Baumax, vor allem im Einzelhandel aktiv. Auch in dieser Branche fühlen sich die internationalen Konzerne durch Sondersteuern benachteiligt. Die kleineren ungarischen Konkurrenten kommen ungeschoren davon, weil die Steuer erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe zu bezahlen ist. Ob die Kommission auch gegen Ungarns andere Krisensteuern vorgehen wird, werde geprüft, sagte eine Sprecherin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

EuGH: Ungarische Sondersteuer für Einzelhandel diskriminierend

Der Gerichtshof unterstützt eine Klage der Spar-Tochter Hervis, die sich gegen die Abgabenberechnung zur Wehr setzte. Konzerne wären benachteiligt.
Ungarn bittet Handel Kassa
Eastconomist

Ungarn bittet den Handel zur Kassa

Nach den Banken müssen auch österreichische Handelsfirmen zur Budgetsanierung in Ungarn beitragen. Ein 1,8 Mrd. Euro großes Budgetloch will gestopft werden. Die EU-Kommission wird das nun prüfen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.