Nur jeder fünfte Muslim bekennt sich zur IGGiÖ

Symbolbild: Gläubige beten in der Moschee in Wien-Floridsdorf
Symbolbild: Gläubige beten in der Moschee in Wien-Floridsdorf(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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100.000 Muslime sind Mitglied der Islamischen Glaubensgemeinschaft - die Zahl der Gläubigen wird aber auf 500.000 geschätzt. Weil das Wahlrecht extra kostet, ist hier die Zahl noch niedriger.

[WIEN] „Ja, wir haben die 100.000 überschritten“, sagt Anas Schakfeh. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) meint damit jene Muslime, die sich bei der IGGiÖ registrieren ließen. Damit fühlt sich rund ein Fünftel der geschätzten 500.000 Muslime Österreichs ihrer Vertretung offiziell zugehörig. Eine Zahl, mit der Schakfeh „im Großen und Ganzen“ zufrieden ist.

Die 100.000 hat man vergangenen November als Ziel angepeilt – damals haben die Registrierungen in allen Bundesländern außer Wien bereits rund 46.000 Mitglieder ergeben. Mit Wien, wo der größte Teil der Muslime Österreichs lebt, sollte sich dieser Wert mehr als verdoppeln, so die Hoffnung. Nach dem Ende der Registrierungsfrist in Wien – und in der Steiermark, wo mangels ausreichender Beteiligung ein zweiter Anlauf genommen wurde – wurde diese Hoffnung offenbar erfüllt.

Das Wahlrecht kostet Geld

„Und die Registrierung geht weiter“, sagt Schakfeh. Wer sich der IGGiÖ zugehörig fühlt oder etwa ein Kind bei der Vertretung der Muslime anmelden will, kann das weiterhin jederzeit machen. Wichtig ist diese Registrierung etwa, um Bestätigungen für den Religionsunterricht, das Bundesheer oder für Visaformalitäten zu erhalten. Die Mitgliedschaft selbst ist kostenlos.

Nicht kostenlos ist allerdings die Berechtigung, bei den Wahlen zu den Ausschüssen der IGGiÖ mitstimmen zu dürfen. Wer hier partizipieren will, muss eine Kultusumlage von 40 Euro entrichten. Dementsprechend fällt die Zahl der Wahlberechtigten um einiges geringer aus: Sie liegt bei rund 27.000 Muslimen. In Wien sind es laut vorläufigen Ergebnissen – es gibt noch eine Einspruchsfrist – insgesamt 10.133 Wahlberechtigte. In der Steiermark, wo nach der Registrierung im Herbst 751 Wahlberechtigte gezählt wurden, sind es nach dem zweiten Anlauf 1001 Menschen. „Mehr wäre besser“, sagt Schakfeh. Schließlich hat man auf ein Wählerverzeichnis mit rund 50.000 Namen gehofft – einem Zehntel aller Muslime.

„Taktische Registrierung“

„Im Vergleich zu Wahlen bei der Arbeiterkammer oder der ÖH liegt das im Schnitt“, sagt Omar Al-Rawi, Integrationssprecher der IGGiÖ und Vorsitzender der Wahlkommission. Er verweist auf weitere Wahlen, für die eine Registrierung notwendig ist – auch dort sei die Beteiligung niedrig. „Barack Obama ist vermutlich nur von 20 Prozent aller Amerikaner gewählt worden – trotzdem würde niemand die Legitimität seiner Wahl abstreiten.“ Erschwerend kommt hinzu, dass viele Vereine nur gerade so viele Menschen als zahlende Mitglieder registrieren lassen, wie notwendig sind, um einen Delegierten stellen zu können.

Die Wahl selbst findet in einem mehrstufigen Verfahren statt – die Religionsgemeinden der einzelnen Bundesländer wählen ihre Vertreter, die danach in den Schura-Rat entsandt werden, das legislative Organ der IGGiÖ. In diesem werden schließlich die Mitglieder des Obersten Rates – des exekutiven Organs der IGGiÖ – und der neue Präsident ermittelt.

Wien wählt am 15. Mai

Die Religionsgemeinde Graz wird am 8. Mai ihre Delegierten wählen, in Wien steht die Wahl am 15. Mai an. Kärnten, Salzburg, Niederösterreich, Oberösterreich, Vorarlberg und Tirol haben bereits gewählt, die Vertreter des Burgenlandes werden wegen zu geringer Mitgliederzahlen vom Obersten Rat bestimmt. Ein Trend, der sich schon bei den bisherigen Abstimmungen abgezeichnet hat, dürfte sich auch in Wien und der Steiermark fortsetzen – türkischstämmige Vereine liegen bei den Delegierten klar voran. Das liegt zum einen natürlich an der Demografie – der Großteil der Muslime in Österreich hat türkische Wurzeln –, zum anderen aber auch am hohen Organisationsgrad. Die größten Organisationen sind die dem türkischen Präsidium für religiöse Angelegenheiten nahestehende Atib und die Islamische Föderation, die in Wien sehr stark organisiert ist.

Doch so dominant die türkischen Vereine auch sein mögen – in den Gremien dürfen die Vertreter einer ethnischen Gruppe maximal 50 Prozent stellen. Was mit der Zeit und kommenden Generationen, die zunehmend österreichische Staatsbürger sein werden, wohl obsolet werden wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22. 3. 2011)

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