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Groove-König aus Österreich: "Supermax" Kurt Hauenstein ist tot

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Sein "Lovemachine" war ein Welthit. Nun ist der stilprägende Wiener Musiker mit 62 Jahren an einer Herzkrankheit gestorben. Hauensteins mit Leder und Schmuck ausgekleidete Macho-Fassade verbarg eine sanfte Seele.

„So guat wie i spü, wirst du nie Noten schreiben lernen“, beschied Kurt Hauenstein einmal einem Arrangeur, der ihn darauf aufmerksam machte, dass er nicht das umsetzte, was auf dem Blatt stand. Vorgaben ließ er sich damals längst keine mehr machen. Es war Ende der Sechzigerjahre, da sah er ein Konzert der deutschen Band Iron Horse. Deren Bassist groovte höllisch mit nur drei Tönen. Damals habe er begonnen, über die Funktion des Bassisten nachzudenken, erzählte Hauenstein einmal der „Presse“: „Mir wurde klar: Der Bassist ist das Fundament, hat aber selbst keine Lizenz zum Solieren.“ So ähnelte Hauensteins Gemüt seinem Bassspiel: lakonisch, aber stets down-to-earth.

Seine erste Gitarre hat ihm die Oma geschenkt. Nach einer Juwelierslehre fand Hauenstein schnell zur Crème de la Crème der österreichischen Szene. Mit den Jazzgranden Peter Wolf und Karl Ratzer gründete er die Popband The Slaves, dann gab es Studiosessions mit André Heller und Wolfgang Ambros. Der Plafond im wenig popaffinen Wien jener Tage war bald erreicht. Hauenstein beschloss nach Frankfurt zu gehen. Er heuerte bei Frank Farian an, erwarb sich den Ruf eines verlässlichen First-Take-Spielers und war an zahllosen internationalen Hits von Eruption bis Boney M. beteiligt.

1977 war dann das große Jahr des Kurt Hauenstein. Er gründete die Band Supermax, brachte mit „Don't Stop The Music“ und „World Of Today“ zwei Hitalben heraus. „World Of Today“, „Camillo“ und „Lovemachine“ wurden zu internationalen Klassikern des Disco-Funk. 1978 spielte Hauenstein als erster Weißer beim jamaikanischen Sunsplash-Festival, 1980 durften Supermax als erste Popband hinter den „Eisernen Vorhang“. Und 1981 gastierten sie gar im Apartheid-Regime Südafrika. Hauenstein und seine dunkelhäutige Frau gerieten in eine brenzlige Situation, als sie auf einer Tankstelle in Durban unter Beschuss genommen werden. Später staunte er über seine Naivität.

Genau diese Eigenschaft machte ihn aber zu dem außergewöhnlichen Musiker, der er war. Ins Studio ging er prinzipiell unvorbereitet. Statt sich von Konzepten fesseln zu lassen, verließ er sich lieber auf spontane Einfälle. Die kamen bis zuletzt. Das unwiderstehlich groovende „Visions“ hätte ohne Weiteres ein Welthit werden können. Und als Gast der Formation „Honolulu“ zeigte Hauenstein 2007 mit wenigen, dafür ungemein beseelten Gesangszeilen, dass Charisma eine strikt altersfreie Angelegenheit ist.

Seine reichlich mit Leder und Schmuck ausgekleidete Macho-Fassade verbarg eine sanfte Seele. Hauenstein war ganz unpopstarmäßig ein Familienmensch und einer, der mit der Not anderer mitfühlte.

Ehrungen von Stadt und Musikbranche

Nach vielen Jahren der Weltenbummelei kehrte Kurt Hauenstein vor Kurzem wieder nach Österreich zurück. Die Ehrungen, die ihm von der Stadt Wien und der heimischen Musikindustrie (Amadeus fürs Lebenswerk 2008) widerfuhren, nahm er in erstaunlich stiller Dankbarkeit entgegen. Zuletzt war er mit einer Anthologie auf dem Markt, ein neues Album hätte in Kürze erscheinen sollen. Sein 60. Geburtstag vor zwei Jahren ängstigte ihn nicht: „Der Mensch kommt, der Mensch geht“, sagte er: „Wichtig ist, was er in der Zwischenzeit macht.“ Kurt Hauenstein hat das Optimum herausgeholt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2011)

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