Noch ein Flughafenskandal: Bonuszahlung für Versager

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Der Wiener Flughafen ist zu wichtig, um ihn dem Dilettieren regionaler Parteisoldaten zu überlassen. Er gehört umgehend privatisiert.

Leitartikel

Der Wiener Flughafen, eine börsenotierte Gesellschaft, in der die Bundesländer Wien und Niederösterreich das unumschränkte Sagen haben, hat im Vorjahr Umsatz und Ergebnis gesteigert. Freut uns, Gratulation! Und, noch erfreulicher: Die Kosten für den skandalumwitterten neuen Passagierterminal Skylink werden, sagt Interimsvorstandschef Christoph Herbst, mit 830 Millionen Euro sogar um 30 Millionen niedriger als „bisher genannt“ ausfallen.

Sehr fein, ebenfalls Gratu..., äh, pardon, sind da nicht einmal 400 Millionen „genannt“ worden? Und mussten und müssen nicht mehrere Vorstandsmitglieder über die Klinge springen, weil die ursprünglich „genannten“ Baukosten auf seltsame Weise um mehr als 100 Prozent überschritten wurden? Und werden die definitiven Kosten nicht nur deshalb unter der Milliarde bleiben, weil mehr als 150Millionen einfach nach schlechtem politischen Vorbild ausgelagert beziehungsweise andernorts zugerechnet wurden? Und ist es nicht eine Verhöhnung der privaten Aktionäre und der Öffentlichkeit, wenn man ein vom Vorstand angerichtetes Kostendesaster dadurch „planiert“, dass man einfach die Formel „Budgetrahmen plus Kostenüberschreitung minus Kostenauslagerung ist gleich neuer Budgetrahmen“ anwendet?

Wir fragen das deshalb, weil der solcherart festgelegte neue Budgetrahmen offenbar als Basis für Bonuszahlungen herangezogen wird. Die für die Kostenüberschreitungen verantwortlichen SP-nahen Vorstände Herbert Kaufmann (bereits abgelöst) und Gerhard Schmid (noch im Amt) bekommen also voraussichtlich für die Jahre 2009 und 2010 (für die „Erreichung der Budgetziele“) jeweils ein paar hunderttausend Euro ausbezahlt. Wohl auch der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Ernest Gabmann, der als schwarzer Aufpasser erst 2009 in den Flughafenvorstand gehievt wurde, dort aber bis zu seinem baldigen Abgang außer ein paar Intrigen auch keine besonderen Spuren hinterlassen wird. Es gilt beim Flughafen also als bonifikationswürdiger Erfolg, die budgetierten Baukosten statt um 430 nur um 400 Millionen überschritten zu haben.

Es geht hier nicht um Millionen. Aber Bonuszahlungen für Vollversagen sind auch dann unanständig, wenn sie nur ein paar Hunderttausend pro Kopf und Nase ausmachen.

Und Vollversagen liegt hier vor. Vom während des Skylink-Desasters tätigen Vorstand und, ja, auch vom Aufsichtsrat, der offenbar das getan hat, was politisch besetzte Aufsichtsräte staatsnaher Unternehmen am besten können: sich ein paar Mal im Jahr zum Kaffee zu treffen, zu achten, dass die Parteidirektiven (etwa bei Postenbesetzungen) umgesetzt werden, und im Übrigen die (unanständigerweise mitten im Skylink-Skandal erhöhte) Aufsichtsratsgage zu kassieren.

Der neue Vorstandschef mag sympathisch wirken und seriös arbeiten, aber er kann sich bei 14 im Firmenbuch verzeichneten gleichzeitig ausgeübten Vorstands-, Aufsichtsrats- und Geschäftsführerfunktionen (davon eine ruhend gestellt, weil man nicht einmal beim Flughafen Wien gleichzeitig aktiver Aufsichtsrat und Vorstandsvorsitzender sein kann) aber auch nicht um alles kümmern. Und er ist vor allem auch ein politisches Geschöpf (diesfalls aus dem Umfeld der niederösterreichischen VP). So wie eben auch die meisten anderen Mitglieder des Vorstands und vor allem des Aufsichtsrats, der sich zum überwiegenden Teil aus VP- und SP-Parteigängern bzw. aktiven und ehemaligen Managern parteinaher Unternehmen zusammensetzt.

Bevor sich hier der nächste Skandal zusammenbraut: Die idiotische Bonusregelung für den Vorstand gehört schnellstens abgeschafft. Und dann gehören die Flughafen-Anteile von Wien und Niederösterreich möglichst rasch privatisiert. Denn dass es die VP-Niederösterreich und die Gemeinde Wien schaffen (oder auch nur wollen), die Parteigänger in Vorstand und Aufsichtsrat durch Experten zu ersetzen, glaubt wirklich niemand mehr.

Der größte Flughafen Österreichs ist eine wichtige Infrastruktureinrichtung – und jedenfalls zu wichtig, um sie dem Dilettieren regionaler Parteisoldaten zu überlassen. Bericht, Seite 1

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2011)

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