Nach Wahlpleite: CDU überlegt raschen Atom-Ausstieg

German Chancellor and leader of CDUMerkel looks up during news conference after party meeting in Berl
German Chancellor and leader of CDUMerkel looks up during news conference after party meeting in Berl(c) REUTERS (Fabrizio Bensch)
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CDU-Kanzlerin Merkel will nach der "schmerzhaften Niederlage" auf erneuerbare Energien setzen, ihr Umweltminister schneller als geplant aus der Atomkraft aussteigen. Die FDP überlegt sich personelle Konsequenzen.

Nach fast 60 Jahren hat am Sonntagabend die Herrschaft der Christdemokraten über Baden-Württemberg eine Ende gefunden. Die deutsche Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel sprach am Montag von einer "schmerzhaften Niederlage". Sie führt das Wahldebakel auf die Atom-Katastrophe in Japan zurück.

Nach Beratungen der CDU-Führung sagte Merkel am Montag in Berlin, die Partei sei trotzdem "stark", wie sich auch in Rheinland-Pfalz gezeigt habe. Dort hat die CDU zugelegt, wird aber nicht in der Regierung vertreten sein. Es bleibe die Aufgabe, nun im Lichte der Erfahrungen aus Japan die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke zu überprüfen, so Merkel. Am 15. April wolle sie mit allen Ministerpräsidenten der Bundesländer über den Ausbau der erneuerbarer Energien sprechen.

Merkel kündigte ein "verändertes" Energiekonzept an. Konkrete Pläne nannte sie noch nicht. Was die Katastrophe in Japan für Deutschland "im Einzelnen bedeutet, muss man sich genau anschauen", so die Kanzlerin. Mit Blick auf das Mitte Juni auslaufende Moratorium sagte sie, das werde nun "zügig" geschehen. Es sei "viel Arbeit" zu leisten.

Die CDU/CSU-FDP-Koalition hatte nach der nuklearen Katastrophe in Japan die sieben ältesten AKW in Deutschland vorübergehend vom Netz nehmen lassen. Wie Nachwahl-Befragungen zeigten, wurde der Schwenk in der Energiepolitik von der breiten Öffentlichkeit aber als wahltaktisches Manöver aufgefasst - ein Hauptgrund für die Niederlage bei einer Landtagswahl, die nach Meinung aller Experten zur Abstimmung über Atomkraft mutiert war.

Röttgen: "AKW schneller abschalten"

Um seiner Partei in der Frage der Atomenergie mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, fordert CDU-Umweltminister Norbert Röttgen, den nach Japan eingeleiteten Kurswechsel nicht umzukehren, sondern noch zu beschleunigen: "Wir müssen die AKW schneller abschalten als geplant", fordert Röttgen. Die Koalition solle zeigen, dass ein Umstieg auf erneuerbare Energien machbar ist.

Röttgen und seine Kollegen im CDU-Führungszirkel stellten sich am Montag aber demonstrativ hinter die Kanzlerin, nachdem diese vom Wirtschaftsflügel der Schwesterpartei CSU scharf kritisiert worden war.

FDP: Westerwelle spricht von "Warnschuss"

Dicke Luft herrschte am Montag auch beim Koalitionspartner FDP. Der Vorsitzende der deutschen Freidemokraten, Außenminister Guido Westerwelle, kündigte nach einem Treffen der Parteiführung Beratungen über personelle Konsequenzen aus den Landtagswahlen für den 11. April an. Das Ergebnis in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sei "ein Warnschuss" der Wähler. In Rheinland-Pfalz war die FDP aus dem Parlament geflogen, in Baden-Württemberg aus der Regierung.

Westerwelle warnte dennoch vor "übereilten Entscheidungen", die nur "Blitzableiter" sein könnten. Es soll nun "einen überlegten, geordneten Diskussionsprozess" geben, mit dem der nächste FDP-Parteitag im Mai vorbereitet werden solle.

Westerwelle unterstrich: "Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen." Es gebe "kein 'Weiter so'". Die Frage, wer die FDP in den nächsten zwei Jahre führen solle, werde am 11. April beraten. Der FDP-Chef und Außenminister nannte das Ergebnis der Landtagswahlen "sehr enttäuschend" Jetzt gelte es, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen."

(Ag./Red.)

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