Felderer: "Neuberechnung korrekt und fair"

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Head of Austrias economic institute for advanced studies IHS Felderer arrives for a during a news cos economic institute for advanced studies IHS Felderer arrives for a during a news co(c) Reuters (Lisi Niesner)
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Österreich müsse 2013 die Maastricht-Kriterien schaffen, sagt der IHS-Chef. Sonst würden die Finanzmärkte Österreich "als nächstes aufs Korn nehmen".

Die aufgrund der neuen, strengeren Regeln der EU-Statistikbehörde Eurostat notwendig gewordene Anpassung des Staatshaushaltes durch die Statistik Austria stößt bei Experten auf Lob. "Ich finde das sehr korrekt und fair, was die Statistik Austria gemacht hat", sagte der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer, am Donnerstag. Wie auch Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet Felderer ziemlich fix damit, dass die Maastricht-Defizitgrenze von drei Prozent erst im Jahr 2013 unterschritten werden kann.

"Die Neukorrektur war einfach notwendig aufgrund des neuen Manuals", sagte Felderer mit Blick auf das im Herbst 2010 veröffentlichte Eurostat-Handbuch "Manual on government Deficit and Debt" (MGDD). Darin sind die neuen, strengeren Regeln festgeschrieben. "Ich sehe das als Bereinigung von Ungenauigkeiten an".

"Das hat man schon immer gewusst"

Als "mehr als fair" bezeichnete der Experte, dass die Schulden der ÖBB erst ab dem Jahr 2007 den Staatsschulden zugerechnet werden müssen. Erst 2007 hatte sich der Staat explizit dazu verpflichtet, die aufgenommenen Schulden der ÖBB für Infrastrukturinvestitionen über die gesamte Laufzeit zu zumindest 70 Prozent zu übernehmen. Laut Felderer hätte man das auch anders sehen können und auch Verbindlichkeiten aus der Zeit vor 2007 dem Staat zurechnen können.

Wenig überraschend ist für Felderer die Entscheidung, dass die Verbindlichkeiten der Landes-Krankenanstalten dem Schuldenstand zugerechnet werden müssen. "Das hat man schon immer gewusst, dass das eines Tages fällig wird", so der Experte. Bisher seien zwar immer schon jene staatlichen Förderungen, die direkt an die Krankenanstalten gegangen sind, defizitwirksam geworden, nicht aber jene Beträge, die sie selbst als Schulden aufgenommen hatten.

Kommunalkredit defizitwirksam

Auch die Entscheidung, dass der "Besserungsschein" der Kommunalkredit den Staatsschulden zugerechnet werden muss und defizitwirksam wird, ist für Felderer in Ordnung. "Vollkommen klar" sei auch die Entscheidung betreffend der Wohnbau Burgenland GmbH, dabei habe es sich um eine Umgehungskonstruktion gehandelt, die Verbindlichkeiten der Staatsschuld zuzuordnen sei daher eine "absolut richtige Entscheidung" gewesen, so Felderer.

Zu den ÖBB-Schulden, die auch in den kommenden Jahren defizitwirksam sein werden, sagte Felderer, dabei handle es sich um Investitionen in die Infrastruktur, diese sollten auch getätigt werden: "Das befürworten wir auf jeden Fall". Es wäre nicht wünschenswert, wenn man das anders machen würde.

Felderer: Österreich steht "nicht schlecht" da

Felderer betonte, dass Österreichs Staatshaushalt auch nach der nun erfolgten Anpassung "nicht schlecht" dastehe. Nicht zu erwarten sei freilich, dass man beim Budgetdefizit bereits 2012 die Maastricht-Grenze von drei Prozent des BIP unterschreiten werde, sagte Felderer. "Das glaube ich nicht, da müsste die Konjunktur schon sehr gut laufen". Auch Schratzenstaller meinte dazu, "nach heutigem Stand der Dinge schafft man es 2013".

Dann sollte und müsste Österreich die Maastricht-Grenze aber "auf jeden Fall schaffen", sagte Felderer. Bleibe man hier zurück, so würden die Finanzmärkte Österreich "als nächstes aufs Korn nehmen", befürchtet er. "Wir müssen Aktivität in der Schuldenreduzierung zeigen, damit die Finanzmärkte sehen, dass wir etwas tun".

Felderer will mehr Transparenz bei Gemeinden

Die Frage, ob in Zukunft noch weitere "versteckte" Schulden, also Umgehungskonstruktionen auftauchen werden, die dann der Staatsschuld zugeordnet werden müssten, ist laut Felderer nicht klar zu beantworten. "Wir haben keinen Überblick über Ausgliederung bei den Gemeinden", sagte er. "Es wäre gut, wenn wir hier völlige Transparenz bekämen, damit wir dann die Gemeinden in dieser Hinsicht richtig einschätzen können".

(APA)

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