Werbefilmer: Große Gefühle in 30 Sekunden

Werbefilmer Grosse Gefuehle Sekunden
Werbefilmer Grosse Gefuehle Sekunden(c) Www.BilderBox.com
  • Drucken

Die Budgets sinken, auch Wien macht den Produktionsfirmen die Arbeit nicht immer leicht. Trotzdem erobern junge und ältere Werbefilmer ganz neue Kanäle abseits des Fernsehens.

Gar nicht so einfach, so etwas zu sagen, ohne zu seufzen: „Die glorreichen Zeiten haben wir definitiv verpasst“, sagt Max Wilhelm. Doch „Die Filmemacher“ sind zu jung für Wehmut. Und glorreiche Dinge würden sie ohnehin ungern anderen überlassen. Zumindest wenn es um Film geht, klarerweise. Denn: „Wir sind damit aufgewachsen“, sagt Wilhelm. Und auch sein Partner Christoph Wawra hat als Kind ständig einen Haufen hektischer Kettenraucher auf dem Set gesehen. Frühkindliche Prägung auf Filmproduktion sozusagen.

Natürlich, weiß Wilhelm, setzt er sich mit seinem jungen Unternehmen in ein Nest, gemacht aus Kontakten und Erfahrungen des Vaters, der selbst die etablierte Werbefilmproduktionsfirma „Close up“ leitet. Doch füllen wollen es die insgesamt fünf „Filmemacher“ mit eigenem Input und Herzblut. Seit den Zeiten, als die Kinderbeine von Wilhelm und Wawra noch über die Beine der Scheinwerfer und Regiestühle stolperten, hat sich in der Werbefilmproduktion viel verändert. Vor allem die Medien, für die Filme entstehen. Aber auch die Medien, mit denen sie produziert werden. 35 oder 16 Millimeter, das war früher die einzige Entscheidung. Inzwischen hat die technische Entwicklung eine fast unüberschaubare Zahl an Formaten, Kameras und Möglichkeiten hervorgebracht, aber bei vielen auch die Überzeugung, dass Filmemachen ja gar nicht so schwer und teuer sein könne.

Die Budgets sind deutlich geschrumpft. „Eigentlich müssen wir nicht mehr kalkulieren, sondern fragen, wie viel habt ihr denn?“, meint Anthony Guedes, Geschäftsführer von „Film Factory“ und Obmann der Werbefilmer beim Fachverband der Film- und Musikindustrie der WKÖ. „Von unseren 20-seitigen Konzepten wird meistens ohnehin nur noch der Endpreis gelesen.“ Auch deshalb, weil die Unternehmen, die sich nun über Werbefilme trauen, kleiner geworden sind. Schließlich ist heute plötzlich fast alles ein potenzieller Kanal, auf dem man seine Botschaften loswerden kann. Doch die Screens, die sie senden, werden tendenziell kleiner. „Kinowerbung ist ja so gut wie tot“, meint Guedes. Schade, weil viele Möglichkeiten des Kinos dadurch ungenützt bleiben für die Werbung, allein durch 3-D-Technik könnten Werbebotschaften sprichwörtlich noch berührender wirken. Auf Screens, die meist kleiner sind als Fernseher, dort könnten sich die Werbefilmproduzenten austoben. Denn das Internet ist kein Killer des Werbefilms, im Gegenteil, es könnte sein größter Förderer sein. „Internet lebt von Content“, sagt Guedes. Wenn er eine originelle Story transportiert, umso besser. Das Fenster im Webbrowser nutzen die meisten Agenturen und Kunden jedoch wie einen Fernseher, indem sie ihren TV-Werbespot im Miniformat abspulen, so Guedes. Doch bei winzigen Budgets und Screens muss man auch die Filme anders denken, damit sie womöglich kreuz und quer durchs Web gepostet werden. „Es ist eine andere Herangehensweise, trotzdem ist es Film.“

„Wir denken schon anders“, meint Markus Seilern von „Die Filmemacher“, „es hat ja auch ein Generationswechsel stattgefunden, auf Agentur- wie auch auf Produktionsseite.“ Low-Budget-Bedingungen werden nicht nur als Korsett empfunden, sondern auch als neuer, kreativer Weg. „Wir trauen uns auch mit der einen oder anderen Kamera und Technik zu arbeiten, vor denen sich ältere Produzenten eventuell scheuen“, meint Seilern. Den klassischen TV-Werbespot haben „Die Filmemacher“ schon längst im Repertoire, für Kunden wie Telekom, Zielpunkt oder die Krebshilfe haben sie gedreht. „Wir gehen jetzt auch in Richtung ,Webisodes‘“, erzählt Seilern. Eine Kurzserie im Internet also, jede Folge nicht länger als ein Musikvideo, und Produkte sind Teil der Story. Ein neuer Weg, seine Botschaft als Marke gezielt unter den Usern loszuwerden. „Und vor allem ist auch der Erfolg mit jedem Klick gut messbar“, so Seilern.


Kein Studio mehr. Guedes seufzt ein bisschen lauter als die Jungen, vor allem, wenn er an den Status früherer Zeiten denkt. „Wir werden heute nur noch als ausführende Lieferanten behandelt.“ Doch Werbefilmer wollen „kreative Partner“ sein und zumindest die Gelegenheit bekommen, „unsere Angebote im Detail, beim Kunden und der Agentur präsentieren zu dürfen“. Werbefilmproduktion mache einen „extrem hohen Anteil an der gesamten Filmproduktion in Österreich aus“, sagt Guedes. „Wenn es uns nicht gibt, kann die Filmwirtschaft zusperren.“ Die Maskenbildner, die Beleuchter, die Ausstatter retten sich über die Werbefilme bis zum nächsten Spielfilm. Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky ginge es da nicht anders.

Wien ist dabei keine große Unterstützung. Spätestens 2014 sperren auch die Rosenhügelstudios, dann erlischt auch die „Filmstadt Wien“. Das „Media Quarter Marx“ winkt zwar engagiert alle möglichen Produktionsfirmen, vor allem aus dem TV-Bereich, mit Glasfaserkabeln und anderen Goodies nach St. Marx. „Aber was sollen wir dort?“, fragt sich nicht nur Guedes. „Inspirierender ist der Naschmarkt als die ,Waste-Lands‘ da draußen. Und auch die Agenturen sind ja in der Stadt“, meint Wawra. Die Studios, die dort gebaut werden, taugen auch nur für TV-Produktionen, für Filmproduktionen sind sie zu klein, zu niedrig, und auch die Mieten der Büros sind oft nicht günstiger als in den Innenbezirken. „Was wir bräuchten in Wien wäre ein tontaugliches Studio“ meint Wilhelm. Und das Bewusstsein „dass man in die Stadt Wien als Drehort investieren muss“. Auch die heimischen Produktionsfirmen weichen ins Ausland aus. Aus Kostengründen und weil sie Drehgenehmigungen dort oft viel einfacher bekommen, wie Wilhelm meint. „In Budapest, Bratislava oder Prag sind Mieten, Crews einfach günstiger“, meint Guedes.

Qualitätsoffensive
„Certified Austrian Filmproducers“: Die Einführung eines Qualitätsgütesiegels soll die „Kompetenz, Erfahrung und Bonität“ der Branche transparent für Kunden und Agenturen machen, erklärt Anthony Guedes. Mit dabei sind die Produktionsfirmen Close up, Film Factory, Filmhaus, Neue Sentimental Film, PPM, Seven, Wiener Klappe und FFP.

„Die Filmemacher“ ist eine junge Wiener Produktionsfirma, die zurzeit vor allem noch Werbefilme, aber auch Dokumentationen produziert. In Zukunft will man sich auch im Spielfilmsektor etablieren, etwa in Kooperation mit der „Orbrock“-Filmproduktion. Zum Kern von „Die Filmemacher“ zählen: Geschäftsführer Max Wilhelm, Christoph Wawra, Markus Seilern, Uli Gehmacher und Peter Schellnast.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.