Für Fekter gilt der Generalverdacht

Die Innenministerin schießt im neuen Fremdenrecht übers Ziel: Folgt bald eine Art genereller Freibrief für Hausdurchsuchungen bei missliebigen Österreichern?

Es ist schon wieder etwas passiert: Es ist zwar nicht bekannt, ob Krimischreiber Wolf Haas zur Lieblingslektüre von Innenministerin Maria Fekter zählt. Faktum ist aber, dass der Einstieg in die Bücher des Bestsellerautors auch ein gutes Muster für die fremdenpolizeiliche und ausländerpolitische Gesetzgeberarbeit der hartnäckigen Dame aus Oberösterreich wäre. Fekter ist schon wieder etwas passiert: Im neuen Fremdenrecht, das im Laufe des April im Parlament verschärft werden soll, werden Befugnisse der Fremdenpolizei zur Durchsuchung von Räumen und Wohnungen ausgeweitet – ohne richterliche Anordnung. Bei Fekter stehen Ausländer ständig unter Generalverdacht, in Gesetzesübertretungen involviert zu sein.

Der Ministerin passiert ein derartiger Versuch, ins Fremdenrecht strengere Bestimmungen einzuschleusen, natürlich nicht zufällig. Erinnern Sie sich gut ein Jahr zurück! Da ließ sie mit ihrem Plan, Ausländer, die in Österreich wegen Asyls vorstellig werden, fast einen Monat lang in den Erstaufnahmezentren einzusperren, nicht nur die ritualisierten Neinsager zu jeder Fremdenrechtsänderung aufheulen, sondern auch Fekter sonst wohlgesinnte Zeitgenossen. Nach längerer Debatte reduzierte sie diese Aufenthaltspflicht dann auf fünf bis maximal sieben Tage.


Der Koalitionspartner SPÖ durfte zur Besänftigung mancher Abgeordneter und ihrer in Menschenrechtsfragen versprengt vorhandenen linken Sympathisanten zur Behübschung im jetzigen Gesetzestext daraus die viel harmloser klingende „Mitwirkungspflicht“ machen. Fekter hatte immerhin den Mumm zu sagen, dass es auch für Betroffene selbst vernünftiger ist, im Schnelldurchlauf zu prüfen, ob überhaupt eine Chance auf Asyl in Österreich besteht. Der SPÖ Faymann'scher Prägung fehlt anno 2011 sogar der Mut, in dem Punkt Farbe zu bekennen und sich nicht hinter einem wohlklingenden Begriff zu verstecken.

Aber was sollen die Österreicher schon von einer Kanzlerpartei erwarten, die von den Wählern in vergangenen Jahren von Wien über Oberösterreich bis Vorarlberg bei Landtagswahlen dafür abgestraft worden ist, dass sie Probleme im Zusammenleben mit Ausländern ignoriert oder kleinzureden versucht hat, die sich in der Zwischenzeit zwar wie der pawlowsche Hund auf das deutsche Sarrazin-Buch gestürzt hat, aber selbst noch immer kein fertiges Programm zur Integration von ausländischen Zuwanderern hat?

Mittlerweile weiß selbst der größte grünäugige Naivling, dass ein illegaler Schlepperwirtschaftszweig existiert. Und dass diese Kriminellen tausenden unzufriedenen Menschen in ihrer Heimat zuerst hohe Geldsummen abknöpfen, um sie in den vermeintlichen goldenen Westen zu schleusen. Inzwischen geben auch Verteidiger humaner Regeln zu, dass viele Asylwerber schlicht wegen der wirtschaftlichen Lage und nicht wegen politischer Verfolgung flüchten.


Fekters nunmehr einwöchige Aufenthaltspflicht in Asylzentren ist sinnvoll. Sie pocht auch zu Recht im neuen Fremdenrecht darauf, dass jene, die in Österreich bleiben wollen, Deutsch können müssen. Nur ist das alles noch kein Grund dafür, dass Fekter – getrieben von ihren Beamten – Fremde unter eine Art Generalverdacht, Illegale und Kriminelle zu sein, stellt. Ja, es gibt zahlreiche Fälle. Aber kann das ein Grund sein, der Fremdenpolizei eine Art Freibrief für Hausdurchsuchungen zu übergeben? Menschen- und Bürgerrechte sind ja nicht auf den Besitz eines österreichischen Passes beschränkt.

Nicht einmal das nützt vielleicht: Wenn Ihre Tochter einen ausländischen Freund hat und dieser gar Schwarzafrikaner ist, der häufiger die U-Bahn beim Wiener Westbahnhof nützt, wird Ihre Wohnung womöglich wegen des Verdachts auf Drogen gefilzt. Wer sagt, dass das Recht zu Hausdurchsuchungen bei einem gewissen Verdacht auf Gesetzesverstöße nicht auf missliebige oder alle Österreicher ausgeweitet wird? Dient ja nur dem hehren Zweck, potenzielle Verbrecher zu schnappen, oder? Irgendwann wird jeder Österreicher gleich einen Polizisten bei sich zu Hause unterbringen müssen, um jeden Verdacht von Anfang an zu unterbinden. Seite 1

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2011)

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