ORF-Wahl: Wrabetz tritt noch einmal an

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ORFWahl Wrabetz tritt noch(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Interview: Alexander Wrabetz tritt im August zur Wiederwahl als Generaldirektor an. Mit im Team: Richard Grasl, Karl Amon. Sie müssen sparen und 150 Posten abbauen.

Die Presse: Sie haben ihre Kandidatur bei der ORF-Wahl im August angekündigt. Warum jetzt?

Alexander Wrabetz: Nachdem sich US-Präsident Barack Obama gestern klar positioniert hat, habe ich mich entschlossen, das auch zu tun (lacht).

Rechnen Sie fix mit ihrer Wiederwahl?

Ja.

Wenn Sie so sicher sind, sind die Gespräche mit Politik und Stiftungsrat gelaufen. Wessen Unterstützung haben Sie?

Einer Mehrheit.

Einer klaren Mehrheit?

Die Entscheidung fällt erst im August. Ich bewerbe mich aber auf Basis von positiven Signalen von vielen Stiftungsräten.

Die Anti-Wrabetz-Front der ÖVP bröckelt. Landeshauptmann Erwin Pröll hat Sie sogar gelobt. Rechnen Sie auch mit ÖVP-Stimmen?

Pröll hat zwei Projekte, die wir in Niederösterreich durchgeführt haben, gelobt. Da gibt es eine gute Zusammenarbeit. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt die Unterstützung des niederösterreichischen Stiftungsrates bei der Wahl. Aber ich rechne schon auch mit ÖVP-nahen Stimmen bei meiner Wahl und werde mich um Unterstützung bemühen.

Während ihrer ersten Amtszeit gab es massive Bestrebungen seitens des Bundeskanzlers, Sie von ihrem Amt zu entfernen. Jetzt unterstützt Sie die SPÖ - was hat den Kanzler umgestimmt?

Wir waren 2008, Anfang 2009 tatsächlich in einer ganz schwierigen Situation. Damals hat der Bundeskanzler Sorge gehabt und davor gewarnt, dass der ORF in noch größere Schwierigkeiten kommt, wenn nicht konsequente Maßnahmen ergriffen werden. Nachdem wir gezeigt haben, dass wir die Herausforderungen positiv bewältigen, gab es zunehmend Anerkennung und Unterstützung.

Nach 80 Millionen minus 2008 erzielte der ORF 2010 ein Plus von 25 Millionen Euro. Wie geht's weiter?

Unser Ziel ist, in den schwarzen Zahlen zu bleiben. Wir haben den Turn Around geschafft, aber wir müssen weiter hart daran arbeiten, um ausgeglichen zu bilanzieren.

Kritiker sagen, das Plus sei nur wegen der 50 Millionen Gebührenrefundierung möglich gewesen.

Wir haben dem Stiftungsrat auf Euro und Cent vorgerechnet, wo wir diese 50 Millionen investiert haben. Hätten wir sie nicht bekommen, hätten wir z. B. nicht soviel in Filmförderung, österreichische Auftragsproduktionen, das Rundfunkorchester oder in behindertengerechte Programme investiert - und genau dasselbe Plus erwirtschaftet.

Sie haben erst 80 Prozent des Sparprogramms geschafft. Wie wollen Sie die noch fehlenden 20 Prozent sparen? Es heißt, es könnte erstmals im ORF zu Kündigungen kommen.

Wir wollen bei Sachkosten sparen, die Strukturen straffen und mit natürlicher Fluktuation und Handshakes Personal abbauen. Kündigungen haben wir nicht vor.

Wie wird die neue Direktion ausschauen?

Wir werden vier statt wie bisher sechs Direktoren haben. Jetzt muss man genau festlegen, wofür sie zuständig sind und wie die Struktur drunter ausschaut. Ich möchte im Fernsehen das Channel-Manager-Prinzip.

Welche der derzeitigen Direktoren bleiben?

Es ist klar, dass es eine Direktion für den kaufmännischen Bereich geben wird und einen Zuständigen für die Radios - da möchte ich die Zusammenarbeit mit Richard Grasl und Karl Amon gerne fortsetzen. Auch Online-Direktor Thomas Prantner hat einen guten Job gemacht und ich glaube auch, dass er weiterhin für den ORF wichtige Aufgaben erfüllen wird. Nachdem Online aber die kleinste Direktion ist, wird es sie wohl nicht mehr geben. Daher ist die Frage, in welcher Funktion er sein wird.

Für die Fernsehdirektion ist eine Frau gesucht?

Es ist mein Ziel, den Frauenanteil unter den zukünftig 13 Direktoren (inklusive Landesdirektoren; Anm.) signifikant anzuheben. Auch außerhalb des Unternehmens und des Landes gibt es sehr gute Managerinnen.

Mit welcher Vision für den ORF treten Sie an?

Die Einheit, Unteilbarkeit und Unverkäuflichkeit von Unternehmen und Unternehmensteilen muss abgesichert werden. Es darf keine Filetierungsversuche geben. Der ORF muss die Marktführerschaft in allen seinen Medien haben - und damit unverzichtbar sein für die Bevölkerung. Und die Objektivität und Unabhängigkeit der ORF-Information muss weiterhin außer Streit stehen.

Haben Sie auch Pläne fürs Programm?

Ich plane eine Informations-Offensive und einen Ausbau des Korrespondentennetzes um ein, zwei Standorte - etwa in Asien wird man darüber nachdenken müssen, ob wir mit einem Korrespondenten das Auslangen finden. Die Katastrophe in Japan hat gezeigt, dass es großen Bedarf nach Fernseh-Information in der Früh vor neun Uhr gibt. Ich wünsche mir mindestens eine ZiB um sieben Uhr, vielleicht schließen wir auch die Zeitzone zwischen der Sieben- und der Neun-Uhr-ZiB. Das soll aber kein klassisches Frühstücksfernsehen sein. Wir wollen etwas Neues machen - zu leistbaren Kosten. Wir wollen auch Bürger- und Diskussionssendungen konsequent weiterentwickeln. Die Einführung der Spartenkanäle ORF3 und Sport Plus ist ein quantitativer und qualitativer Sprung, wie wir ihn seit der Einführung von 3sat nicht erlebt haben. Und wir wollen auch in ORF1 eine Doku-Leiste zu Themen der Zeit etablieren.

Als nächster ORF-General müssten Sie auch die Standortfrage klären, die schon seit langem im Raum steht.

Die Standortfrage ist eine Jahrhundertfrage für das Unternehmen - aber sie ist aus meiner Sicht nicht wesentlich für meine Wiederwahl. Drei Fragen sind noch zu klären: der Denkmalschutz, die Bedingungen für allfällige Standortalternativen und die Frage, welche Struktur hat ein ORF, der übersiedelt oder für den man das ORF-Zentrum am Küniglberg neu gestaltet. Es geht also auch um das strukturelle Konzept für den ORF des 21. Jahrhunderts. Diese Fragen werden erst nach dem Sommer abschließend beantwortet sein. Die Entscheidung muss bis 2012 fallen - weil dann die akut nötigen Investitionen am Küniglberg so groß werden, dass man keine Wahl mehr hätte.

RTL-Boss Gerhard Zeiler wird immer wieder als möglicher ORF-Kandidat genannt. Haben Sie mit ihm gesprochen?

Zeiler ist sicher der erfolgreichste kommerzielle TV-Manager Europas. Ich habe nicht mit ihm über eine ORF-Kandidatur gesprochen und werde mich auch nicht an Kandiatenspekulationen beteiligen.

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