Jarolim: Wie ein Anwalt Politik und Job vermischt

Jarolim Anwalt Politik vermischt
Jarolim Anwalt Politik vermischtArchivbild: SP-Justizsprecher Johannes Jarolim (c) APA (Roland Schlager)
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SP-Mandatar Jarolim bot ausländischen Druckereien Hilfe beim Zugang zu einem „äußerst lukrativen Markt“ an – dem der Staatsdruckerei. Die EU hat im Jahr 2009 ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet.

Wien. Eine Folge der Affäre Strasser ist schon absehbar: Die Nebenjobs von Politikern werden neu geregelt. Auftraggeber müssen bekannt gegeben werden. Wie sehr das auch Freiberufler wie etwa Rechtsanwälte trifft, ist noch offen– wobei auch gerade hier ein Graubereich vorhanden sein dürfte, wie ein der „Presse“ vorliegender Fall zeigt. Konkret geht es um den Abgeordneten Johannes Jarolim, SPÖ-Mandatar und Justizsprecher seiner Partei. Jarolim hat am 31.März eine Anfrage an Innenministerin Maria Fekter gerichtet: Darin geht es um Strasser und ehemalige Mitarbeiter seines Kabinetts. Und es geht um die Staatsdruckerei, in der Strasser von 2008 bis 2010 im „Beirat“ – einer Art Aufsichtsrat – gesessen ist und ein ehemaliger Strasser-Mitarbeiter stellvertretender Generaldirektor ist. Jarolims Vorwurf: Der einstige Staatsbetrieb, der im Jahr 2000 privatisiert wurde, sei bei Aufträgen bevorzugt worden. Per Gesetz würden gewisse sicherheitsrelevante Aufträge wie Reisepässe automatisch an das Unternehmen gehen, aber auch andere Aufträge seien ohne Ausschreibung an die Staatsdruckerei vergeben worden.

Die rechtliche Sonderstellung ist tatsächlich gegeben, sie stammt noch aus dem Jahr 1997, als der SPÖ-Politiker Rudolf Edlinger Finanzminister war und dieses Gesetz schon im Hinblick auf die geplante Privatisierung des Staatsbetriebs eingebracht hat. Die Staatsdruckerei weist aber zurück, dass Aufträge, die nicht von dem Gesetz erfasst sind, ohne Ausschreibung vergeben worden seien.

EU-Verfahren gegen Österreich

Ob die Monopolstellung bei sicherheitsrelevanten Aufträgen mit EU-Recht vereinbar ist, erscheint fraglich. Die EU-Kommission hat im Jahr 2009 ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet. Die Beamten haben die österreichischen Behörden schon zu Stellungnahmen aufgefordert, diese werden jetzt ausgewertet. Sollte der Kommission die Argumentation nicht plausibel erscheinen, droht der Republik eine Klage wegen Verletzung des EU-Vergaberechts vor dem Europäischen Gerichtshof. Denn es ist unwahrscheinlich, dass das Sicherheitsthema ausreicht, um die Monopolstellung für ein Unternehmen – noch dazu ein privatisiertes – zu rechtfertigen. Logisch wäre ein eingeschränkter Wettbewerb unter europäischen Druckereien, die die geforderten Sicherheitsstandards erfüllen.

Bei Jarolims Tätigkeit geht es aber nicht nur um diese rechtlichen Aspekte, der Abgeordnete dürfte auch eigene Interessen verfolgen. Der „Presse“ liegt ein E-Mail an einen ausländischen Mitbewerber der Staatsdruckerei vor, in dem auf das Verfahren der EU-Kommission hingewiesen wird und die Kanzlei Jarolim als Ansprechpartner genannt wird – für den Fall, dass „Ihr Unternehmen Interesse am äußerst lukrativen österreichischen Markt hat und das Anliegen der Öffnung dieses Marktes unterstützen will“.

Im Interesse der Kanzlei

Eine parlamentarische Anfrage also im Interesse der Rechtsanwaltskanzlei? Jarolim sieht im Gespräch mit der „Presse“ die Vorgangsweise umgekehrt: Er sei durch das – bislang weitgehend unbekannte – „Institut für tayloristische Studien“ auf die Sache aufmerksam gemacht worden und habe schon damals eine parlamentarische Anfrage gestellt. Nachdem das Institut die Angelegenheit vor die EU-Kommission gebracht und damit das Verfahren ausgelöst hat, habe man nach Verbündeten gesucht – also möglichen Konkurrenten der Staatsdruckerei, die das Verfahren unterstützen könnten. Man habe aber niemanden gefunden, der dazu bereit war. Jarolim ortet einen „stark abgestimmten Markt“. Sein Auftraggeber sei damit auch keines dieser Druckereiunternehmen, sondern nur das genannte Institut.

Auf einen Blick

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim interessiert sich für die Staatsdruckerei – politisch wie auch in seiner Anwaltskanzlei. Ein EU-Verfahren gegen das Monopol des einstigen Staatsbetriebs im Bereich des Sicherheitsdrucks ist bereits eingeleitet. Jarolim sieht keine Unvereinbarkeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 7. April 2011)

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