Kitzbühel: Streifzug, paarweise

Kitzbuehel Streifzug paarweise
Kitzbuehel Streifzug paarweise(c) Stefan Becker
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Was unterscheidet Kitz von St. Moritz? Was genau suchen die Interessenten? Zwei Paare widmen sich den großen Trends und kleinen Details im alpinen Hotspot.

Als die Banker in Kitzbühel zu Krisenzeiten kalte Füße bekamen wegen der stetig steigenden und durchaus stattlichen Immobilienpreise innerhalb der Gamsstadt und der benachbarten Gemeinden – da behielt Christian Neumayr klaren Kopf. Repräsentierten die Preise noch die wahren Werte der Objekte oder hatten sie bereits jede Bodenhaftung verloren und geisterten durch spekulative Sphären? Der Gutachter und Sachverständige startete die große Preisrecherche: „Wir suchten nach vergleichbar attraktiven alpinen Topdestinationen und stießen im Süden auf Cortina und im Westen auf St. Moritz – österreichweit bleibt Kitzbühel einzigartig.“   


Familienaufstellungen

„Wir“, das ist das Duo Birgit und Christian Neumayr, glücklich verheiratet, kleine Familie, große Aufgaben im gemeinsamen Büro in St. Johann. „Ich habe den juristischen und technischen Zugang zu den Themen, wenn ich Immobilien bewerte oder Expertisen verfasse. Meine Frau betrachtet die Dinge aus einem anderen Blickwinkel und dieser rege Austausch wirkt auf die Arbeit sehr ergiebig – was denkst du?“ Fragt der Immobilienexperte seine Gattin. „Wir können einfach gut zusammenarbeiten,“ sagt Birgit Neumayr. „Und das nun schon seit sechs Jahren.“ 

So stürzte sich die studierte Ernährungsberaterin im vergangenen Jahr voller Elan auf den Vergleich der drei Skiorte mit den klangvollen Namen und erlebte so manche Überraschung: Während die Zahlen in der Schweiz geradezu vorbildlich dokumentiert seien, gebe es in Italien sehr kreative Modi Procedendi zum Erfassen der realen Immobilienwerte, sagt Birgit Neumayr. Sollte sich die Recherche eigentlich auf das Ermitteln der Preise konzentrieren, so entwickelte sich daraus ganz nebenbei eine kleine Sozialstudie der drei Wintersportdestinationen. 

Während die Stadt Kitzbühel bereits in der Vergangenheit eine bewegte Bergbaugeschichte hatte und seine Bevölkerung in den vergangenen 200 Jahren von 3000 auf über 8200 Einwohner steigerte, „explodierte“ das Dörfchen St. Moritz in der gleichen Zeitspanne von 300 Bewohnern auf fast 6000 in den 70er-Jahren und zählt heute knapp 5100 Einheimische. 

Cortina wuchs vor 40 Jahren ebenfalls rasant auf eine Gesamtgröße von 8500, stürzte dann rapid ab und konsolidierte sich auf dem heutigen Niveau von 6000 Einwohnern. 


Preisvergleiche

Den 6000 Einheimischen stehen dabei 24.000 Ferienbetten gegenüber – das Vierfache! St Moritz zählt immerhin 13.000 Gästebetten und in diesem Konzert wirken die 6000 Betten Kitzbühels fast schon mickrig. Diese Dimensionen finden eine Fortsetzung in den aktuellen Wohnungs- preisen im Luxussegment. Kostet der Quadratmeter in Kitz mindestens 10.000 Euro und stoppt an der statistischen Schmerzgrenze von 15.000 Euro, fängt der Spaß in Cortina da noch lange nicht an, recherchierten die Neumayrs. Die Dolomiten- Schöne verlangt für den luxuriösen Quadratmeter locker 17.000 Euro und hält derzeit erst bei 25.000 Euro den Atem an.  


Millionenvillen

St. Moritz bewegt sich preislich zwischen den beiden Destinationen, zieht dafür mit seinen Luxusvillen preislich auf und davon: Bis zu 30 Millionen kosteten die im Grundbuch registrierten Anwesen. Ab dieser Marke verlieren sich dann die Spuren der absolut hochpreisigen Landsitze, die tauchen dann erst wieder in den Firmenbüchern auf: „So teure Immobilien werden gleich als GmbH vom Bauträger realisiert und anschließend als Firma verkauft“, sagt Christian Neumayr. 

Die Preise für Luxusvillen in Kitzbühel bewegen sich rein statistisch bis zum Limit von 15 Millionen Euro, theoretisch dürfte es noch ein wenig mehr sein, praktisch sind solche opulenten Objekte auch schon für die Hälfte zu haben. Etwa die stylische Huber-Hütte auf der Bichlalm, hoch über den Dächern von Kitzbühel und geadelt mit einem Streifblick auf die legendäre Skipiste, gemacht für die Ewigkeit, weil für immer unverbaubar. Das seien nach wie vor die elementaren Kriterien für eine edle Immobilie in Kitz, sagt Maklerin Karin Gornik. Auch sie ist Part eines Pärchens, das gemeinsam in der Kitzbüheler Immobilienbranche arbeitet.  


Quereinsteiger

„Wir kommen ursprünglich aus der IT-Branche“, erzählt Walter Gornik, der in der Firma offiziell das Premiumsegment betreut, wobei beide eigentlich alles machen und das seit zehn Jahren und mehr durch Zufall: Nach der Arbeit in Wien, in der freien Zeit, „sind wir dann in unsere Ferienwohnung nach Kitzbühel gefahren“, erzählt der bekennende Quereinsteiger. Die Liebe zu Land und Leuten ließ sie im Osten die Koffer packen, in Kitz ein Häuschen bauen und die Firma der befreundeten Inge Meise übernehmen. Karin Gornik kniete sich in die Immo-Materie, kaufte keine Konzession, sondern paukte dafür. Und kann sich nun mit recht verschiedenen, aber immer spektakulären Projekten beschäftigen. Zum Beispiel jenen, die Susanne Lanz entwirft und eher im alpinen Stil einrichtet. Oder solchen, die Ulrich Huber mit seinem Unternehmen entwickelt. 

Huber sicherte sich einen Platz in Kitz, auf den das besagte elementare Kriterium des unverbaubaren Blickes passt und schuf eine Villa direkt im Fels. Den Fels ließ er freilegen, und so ragt geschützt hinter Glas das tatsächlich rot-weiß-rote Gestein hinein in die unterste Etage des fulminanten Dreistöckers. Dessen Charme und Wärme lebt im Inneren von uraltem, faltigem Gehölz, die Fassade wiederum präsentiert sich nüchtern alpin, Lederhose de luxe maximal reduziert. Während Einheimische eher eine kubische Bauform mit Ecken und Kanten bevorzugen, favorisieren die Kunden weiterhin den klassischen Stil, sagt Walter Gornik.  


Hightech-Ingredienzien

Wer aber weiß schon, was Kunde oder Kundin sich wirklich wünschen? „Das passende Objekt kristallisiert sich oft erst nach einigen persönlichen Gesprächen heraus“, erzählt Karin Gornik. Und die Klientel schließe bei derartigen Investitionen nur ungern Kompromisse, maximal ganz kleine“. Ulrich Huber hat bei seinem Domizil eigentlich an alle Hightech-Ingredienzien gedacht: Das reicht vom lichttherapeutisch illuminierten Mini-Power-Pool inklusive Gegenstromanlage über ein separates Luftbefeuchtungssystem zur Pflege der antiken Balken bis zum hin zum Wok-kompatiblen Induktionsherd.  


Junge Leute braucht die Stadt

Solche Immobilien haben eben ihren Preis, und ihr Wert dürfte in den nächsten Jahren weiter steigen, wie die Zahlen aus der Studie der Neumayrs belegen. 

Das wiederum beruhigt die Banken, lässt sie an neue, exklusive Projekte glauben und grünes Licht für Finanzierungen geben – denn der Markt verlangt schlicht weiter nach Luxusimmobilien. Zwar habe es zu Krisenzeiten einen kurzen Angebotsüberhang gegeben, doch seien die Objekte nur kurz liegen geblieben, sagt Karin Gornik. 

Alles gut also in Kitzbühel? Bei so viel Zuversicht, Vertrauen und Nachfrage nach exklusiven Domizilen? Na ja, vielleicht doch nicht. Junge Leute täten der Stadt ganz gut, meint etwa Christian Neumayr. Denn wenn es in der heilen Welt an etwas mangele, dann an ihnen. 

Denn Hansi Hinterseer gibt zwar optisch alles her und arbeitet an der ewigen Jugend, doch es fehlt Kitz schlicht an Kids.

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