Bei Wirtschaftsminister Mitterlehner trifft der Vorschlag von Sozialminister Hundstorfer auf offene Ohren. Bei den möglichen Sanktionen bestehe aber noch "Gesprächsbedarf".
Der am gestrigen Sonntag von Sozialminister Rudolf Hundstorfer in der ORF-Pressestunde geäußerte Vorschlag einer "Ausbildungspflicht", die an die Stelle der "Ausbildungsgarantie" treten soll, trifft beim Koalitionspartner auf offene Ohren. Wirtschafts- und Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sei grundsätzlich dafür, weil eine bessere Qualifikation die Wettbewerbsfähigkeit erhöhe, sagte er im Ö1-Mittagsjournal (auch "Die Presse" hat bereits berichtet). Bei den Sanktionen bestehe aber noch "Gesprächsbedarf".
Geht es nach Hundstorfer, soll es Unternehmen mit Hilfe von Sanktion erschwert werden, Jugendliche ohne Ausbildung als Hilfskräfte zu beschäftigen. Auf der anderen Seite soll Jugendlichen, die sich nach dem Ende der Schulpflicht nicht mehr in Ausbildung befinden (rund 10.000 pro Jahr), die Familienbeihilfe gekürzt oder gestrichen werden. Diesen Punkten steht der Wirtschaftsminister "momentan noch sehr skeptisch" gegenüber. "Sanktionen für Unternehmen und Familien können wirklich nur das letzte Mittel sein, das müssen wir uns noch sehr genau anschauen", betonte er.
Jugendorganisationen gegen Sanktionen
Auch vom ORF-Radio befragte Jugendorganisationen halten nur wenig von Bestrafungen für Jugendliche. "Wir glauben, dass man damit keine Jugendlichen motivieren kann", so Wolfgang Moitzi von der Bundesvertretung der Jugendlichen. "Wir glauben viel mehr, dass man im Bildungssystem ansetzen muss, damit alle Jugendlichen optimale Chancen haben", sagte er. Grundsätzlich sei es aber zu begrüßen, dass sich die Politik mit Jugendlichen ohne Ausbildung beschäftigen will.
Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl sieht den Vorstoß Hundstorfers ebenso positiv. Den Sanktionen - zumindest jenen für Unternehmen - kann aber auch er nichts abgewinnen. "Die Ausbildungspflicht muss auf jeden Fall bei den Jugendlichen selbst ansetzen und nicht bei den Unternehmen", sagte er am gestrigen Sonntag.
FPÖ sieht "ungeeignete Flucht nach vorn"
Die FPÖ sieht im dem Vorschlag des Sozialministers eine "ungeeignete Flucht nach vorne". "Statt jetzt die Opfer des Regierungsversagens im Ausbildungsbereich als Täter zu punzieren und eine Ausbildungspflicht einzuführen, muss etwa die Lehrlingsausbildung mit einem Anreizpaket gefördert werden. Zwang alleine macht es nicht", so Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung.
Der BZÖ-Wirtschaftssprecher Robert Lugar sprach sich indes für eine Ausbildungspflicht aus und rief die Jugendlichen dazu auf, dieses Angebot anzunehmen. "Einem Unternehmer aber vorzuschreiben, er muss einen Jugendlichen aufnehmen, ist der falsche Weg, das halte ich für verfehlt", sagte er gemäß einer Aussendung. Sollte es zu wenig Ausbildungsplätze geben, müsse der Staat einspringen.
(APA)