Küssel: Schlüsselfigur der Neonazi-Szene

Küssel: Seit Jahrzehnten Schlüsselfigur der Szene
Küssel: Seit Jahrzehnten Schlüsselfigur der Szene(c) APA/HELMUT FOHRINGER (Helmut Fohringer)
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Der gebürtige Wiener stand bereits mehrmals wegen Wiederbetätigung vor Gericht.

Gottfried Heinrich Küssel ist seit Jahrzehnten die Schlüsselfigur der österreichischen Neonazi-Szene. 

Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) begann der gebürtige Wiener seine Laufbahn bei der "Aktion Neue Rechte" (ANR), zudem war er in jungen Jahren Fußball-Hooligan. Mehrmals stand Küssel wegen Wiederbetätigung vor Gericht. Er bezeichnete sich immer wieder selbst als "Nationalsozialist". 

Die Liste der rechten Vereinigungen, denen Küssel angehörte, ist lang: Laut DÖW betätigte er sich bereits Anfang der 80er Jahre in der behördlich aufgelösten "Kameradschaft Babenberg", der "Volksbewegung", der Nationalen Front (NF) und der "Volkssozialistischen Partei" (VSP). Außerdem ist er nach eigenen Angaben seit 1977 Mitglied der in den USA tätigen NSDAP/AO, so das DÖW. Zudem war er Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift "Halt". Bereits zu dieser Zeit stand Küssel vor Gericht, was ihn vor weiteren Aktivitäten nicht abhielt.

Küssel gründete 1986 die "Volkstreue Außerparlamentarische Opposition" (VAPO). In einem Flugzettel bezeichnete er das Tagebuch der Anne Frank als "Fälschung". Ein Jahr später nahm er an einem Treffen von Neonazis in Höchst bei Frankfurt teil und wurde vom deutschen Neonaziführer Michael Kühnen zum "Bereichsleiter Ostmark" ernannt. Für Aufsehen sorgten auch immer wieder stattfindende "Wehrsportübungen" im Raum Langenlois (Niederösterreich).

Auch in Deutschland aktiv

Auch in Deutschland wollte Küssel zur Galionsfigur der dortigen Neonazis werden. Nach dem Aids-Tod Kühnens 1991 strebte er die Leitung des Netzwerkes an, stieß aber auf heftigen Widerstand von dortigen Neonazi-Größen. Im selben Jahr verhängte das deutsche Innenministerium ein Einreiseverbot, was Küssel aber von weiteren Aktivitäten im Nachbarland nicht abhielt. Laut DÖW nahm er weiterhin an mehreren Revisionistentreffen, unter anderem mit dem Holocaust-Leugner David Irving, teil.

1993 kam es schließlich zu einem aufsehenerregenden Prozess gegen Küssel. Am Landesgericht für Strafsachen Wien wurde er in erster Instanz zu zehn Jahren Haft wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt, ein Jahr später hob der Oberste Gerichtshof das Urteil wegen "mangelnder Rechtsbelehrung der Geschworenen" teilweise auf und ordnete eine neuerliche Durchführung an. In der Wiederholungsverhandlung bekam er elf Jahre Haft, kam aber 1999 "wegen guter Führung" auf Bewährung vorzeitig frei.

In den Medien und vor Gericht bekannte sich Küssel immer wieder freimütig zum Nationalsozialismus. So bezeichnete er laut DÖW Anfang der 90er Jahre in einem Interview mit "ABC News Nightline" Adolf Hitler als den größten Mann der deutschen Geschichte und leugnete den Holocaust sowie die Existenz von Gaskammern. Im Sender Tele 5 erklärte er damals, er wolle die Zulassung der NSDAP als Wahlpartei erreichen, was 1992 ein Grund für seine Verhaftung war. In einem Videoband, das bei einem Prozess vorgeführt wurde, sprach er offen über seine Ziele: "Wir werden diesen Staat zertrümmern."

(APA)

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