Italien ist enttäuscht und Österreichs Innenministerin sieht die Reisefreiheit in Gefahr. Gestern landeten wieder mehr als 400 Flüchtlinge aus Nordafrika an den Küsten Italiens und Maltas.
Brüssel/Wien/C.d. Gestern landeten wieder mehr als 400 Flüchtlinge aus Nordafrika an den Küsten Italiens und Maltas. Allerdings verließen gleichzeitig 800 Tunesier die am meisten überforderte Insel Lampedusa an Bord eines Schiffes in Richtung Sizilien und 100 wurden direkt per Flugzeug zurück nach Tunesien gebracht. Dennoch gibt Italiens Innenminister Roberto Maroni keine Entwarnung. Nachdem er tags zuvor schon die EU-Mitgliedschaft seines Landes wegen mangelnder Solidarität infrage gestellt hatte, hoffte er am Dienstag wieder auf die Hilfe von EU-Kommissionspräsident Barroso.
Andere Mitgliedsländer wie Deutschland oder Österreich halten Italiens Aufregung nach wie vor für maßlos übertrieben, stand die EU doch rasch mit finanzieller Unterstützung und mit Hilfe der Grenztruppe Frontex parat. Deshalb ist man schwer verärgert, dass die Italiener die in Lampedusa gestrandeten Tunesier nun mit Touristenvisa ausstatten wollen. Für Innenministerin Maria Fekter ist das „ein großer Angriff auf die Reisefreiheit im Schengen-Raum“. Was EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström ganz und gar nicht so sieht. „Das ist kein Test für Schengen, das ist ein Test für die EU-Solidarität.“ Keiner der Innenminister habe beim Treffen am Montag vorgeschlagen, das Schengen-System aufzuheben.
Was Ministerin Fekter nicht davon abhielt, strengere Kontrollen in den Grenzregionen zu Italien zu erlassen. Wer mit einem Touristenvisum ausgestattet sei, müsse auch nachweisen können, für seinen Lebensunterhalt aufkommen zu können. Fekter steht unter gehörigem innenpolitischen Druck. Bundeskanzler Werner Faymann stellte sich Dienstag zwar voll hinter Fekters Vorgehen und verurteilte Italien. Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), sonst kein Freund der ÖVP-Ministerin, vertrat diese Ansicht. Doch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (wie Fekter von der ÖVP) forderte die Ministerin zu „effizienten Maßnahmen“ zum Schutz seiner Landesgrenzen und zur Aufhebung der Schengen-Grenze auf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2011)