Elfenbeinküste: Angst vor weiterem Blutvergießen bleibt

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Der gestürzte Präsident selbst forderte in einer Montagabend verbreiteten Erklärung zwar dazu auf, die Waffen ruhen zu lassen. Die Anhänger von Ouattara feiern den Sturz von dessen Vorgänger Laurent Gbagbo.

Abidjan. „Il est parti, il est parti!“ – „Er ist weg!“ Vor allem in jenen Stadtteilen Abidjans, die von Anhängern des gewählten Präsidenten Alassane Ouattara dominiert werden, feierten die Einwohner den Sturz von dessen Vorgänger Laurent Gbagbo bis in die Nacht mit Autokorsos und Sprechchören.

Truppen Frankreichs und der UNO hatten am Montag den zum Bürgerkrieg ausgeweiteten Machtkampf in der Elfenbeinküste mit einem weiteren Angriff auf die Bastionen Gbagbos, darunter seine Residenz, entschieden. Wie nun bekannt wurde, hat Gbagbo noch versucht zu fliehen und ein Boot am Ufer der Lagune zu erreichen, er ist offenbar erst durch Warnschüsse zur Umkehr gezwungen worden. Bei der Ankunft im Hotel Golf, Ouattaras Hauptquartier der vergangenen Monate, seien Gbagbo und seine Frau hart, aber nicht gewalttätig angefasst worden.

Wenig später konnten die Ivorer im Fernsehen tonlose Aufnahmen sehen, die ihren Ex-Präsidenten in ungewohnter Situation zeigten: Offensichtlich völlig erschöpft saß er auf einem Bett, angestrengt diskutierend mit unsichtbaren Gegenübern. Der legendäre Kommandant Wattao, einer seiner militärischen Hauptgegner seit der Zeit der Rebellion im Jahr 2002, half ihm beim Hemdwechsel. Für einige Augenblicke stand Gbagbo nur im weißen Unterhemd vor der Kamera, Bilder, die viele Ivorer nicht nur mit Genugtuung sahen.

Zweifel an Frankreichs Rolle

Niemand in Abidjan hat derweil Zweifel, dass die Rolle der Franzosen bei der Gefangennahme Gbagbos weit über eine bloße „Sicherung des Geländes“, wie gesagt wurde, hinausging, doch Paris beharrt auf seiner Version.

Gbagbo ist weg, doch die Angst vor weiterem Blutvergießen bleibt. Der gestürzte Präsident selbst forderte in einer Montagabend verbreiteten Erklärung zwar dazu auf, die Waffen ruhen zu lassen. Jetzt beginne der Wiederaufbau des Landes. Und auch die beiden Kommandanten von Gendarmerie und Polizei, die ihm gegenüber lange loyal geblieben waren, forderten ihre Einheiten zur Loyalität gegenüber der neuen Staatsgewalt auf. Ob sich alle Kämpfer Gbagbos daran halten, muss man sehen.

Ouattara, der seit der Präsidentenwahl im November international als Präsident anerkannt wird, erneuerte seinerseits den Appell an seine Armee, aber auch an jene Bewohner Abidjans, die sich als Milizionäre hatten anwerben lassen, die Waffen niederzulegen und keine Übergriffe oder Racheakte zu verüben. Und er garantierte die physische Unversehrtheit Gbagbos und seiner Frau.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2011)

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