Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist nicht betroffen, wohl aber sein Umfeld. Vorwürfe gegen den Korruptionsstaatsanwalt sind ungerechtfertigt. Die Übermittlung der Erkenntnisse nach Österreich wird Zeit in Anspruch nehmen.
Wien. An acht Stellen gleichzeitig schlug die Polizei am Dienstag zu. Dass die Razzien in den Fällen Buwog und Meinl eine direkte Reaktion auf den Auftritt von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner waren, die die Staatsanwaltschaft am Montag zu rascherem Vorgehen angetrieben hatte, ist aber auszuschließen. Denn die Hausdurchsuchungen fanden in der Schweiz und in Liechtenstein statt, betroffen waren unter anderem Privat- und Firmenadressen ehemaliger Vorstandsmitglieder der Meinl-Gesellschaften European Land, International Power und Airports International. Eine Aktion, die sich nicht innerhalb eines Tages planen lässt.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist auch von diesen Hausdurchsuchungen nicht direkt betroffen – und trotzdem dürften sie sich um ihn drehen. Denn dem Vernehmen nach interessierte sich die Staatsanwaltschaft für Unterlagen der schweizerischen Ferint AG und eines Schweizer Vermögensberaters. Über Ferint soll Grasser 500.000 Euro ungeklärter Herkunft in die Hypo Alpe Adria investiert haben. Grasser selbst sagt, er habe im Auftrag seiner Schwiegermutter gehandelt. Und über den Unternehmensberater hatte Walter Meischberger in sein Tagebuch geschrieben, Grasser wolle zu diesem fliegen: „Hier steckt noch Gefahrenpotenzial.“
Bandion-Ortner hat am Montag per Weisung gefordert, dass es im Buwog-Verfahren bis 1.Juli eine Entscheidung geben soll, also entweder eine Anklageerhebung oder eine Einstellung des Verfahrens. Dafür wird der zuständige Staatsanwalt auch für dieses Verfahren freigestellt. Genau dieses Vorgehen – also einen raschen Abschluss des Verfahrens– hatte auch Grasser schon mehrmals selbst gefordert. Und genau das könnte ihm nutzen: Dann nämlich, wenn die jetzt durchgeführten Razzien nicht alle Fragen klären bzw. neue Fragen aufwerfen, die zusätzliche Ermittlungsschritte erfordern.
Allein die Übermittlung der jetzt gewonnenen Erkenntnisse nach Österreich wird entsprechende Zeit in Anspruch nehmen, die ausländischen Behörden müssen zuvor prüfen, was sie überhaupt weitergeben dürfen. Sollte sich aus dem Material ergeben, dass neuerlich Konten geöffnet werden müssten, so ist dies rein zeitlich bis 1.Juli nicht machbar. Mit ihrer Deadline kann Justizministerin Bandion-Ortner also durchaus das Verfahren abwürgen. Anders sieht die Angelegenheit im Eurofighter-Verfahren aus: Da stellt sich die Frage, wofür der Staatsanwalt eigentlich vier Jahre lang gebraucht hat, wenn er zeitraubende Ermittlungsschritte wie Kontoöffnungen nicht durchgeführt hat.
Etwas verwunderlich war der Ausritt der Ministerin gegen Walter Geyer, Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Er hatte in einem „Presse“-Interview mangelnde Ressourcen beklagt und war von der Ministerin gerüffelt worden: Er solle lieber Ergebnisse vorlegen anstatt dauernd Interviews zu geben. Was Bandion-Ortner nicht dazu sagte und den meisten wohl unbekannt ist: In all den jetzt diskutierten Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft unter Beschuss ist, ermittelt gar nicht Geyers Behörde. Sowohl für Buwog als auch für Eurofighter und Neonazi-Umtriebe ist die Staatsanwaltschaft Wien zuständig.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat dagegen sehr wohl bewiesen, dass sie Anklagen in einem akzeptablen Zeitraum fertigstellen kann: Der Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter, Uwe Scheuch, muss sich in der „Part of the game“-Affäre demnächst vor Gericht verantworten, ebenso der Bürgermeister von Unterrabnitz, der wegen Wahlfälschung angeklagt ist. Und das, obwohl Geyer statt der versprochenen 20 nur acht Staatsanwälte zur Verfügung hat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2011)