Pröll tritt zurück: "Entscheidung für meine Gesundheit"

Proell tritt zurueck Entscheidung
Proell tritt zurueck Entscheidung(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Der Vizekanzler und ÖVP-Chef hat seinen Rückzug aus allen politischen Funktionen verkündet. Der Parteivorstand berät morgen über Prölls Nachfolge. Wird Außenminister Spindelegger Parteichef?

Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) zieht sich aus allen politischen Funktionen zurück. Das gab er am Mittwochvormittag in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz bekannt.

"Ich habe mich nicht gegen die Politik entschieden, aber für meine Gesundheit und meine Familie", sagte der ÖVP-Chef. Seine Lungenembolie Mitte März sei "ein Warnschuss und eine Zäsur in meinem Leben" gewesen. Er habe sich intensiv mit seinen Ärzten beraten, erklärte Pröll. Seine gesundheitliche Situation sei mit engagierter Spitzenpolitik nicht vereinbar: Für die großen Aufgaben der Zukunft "bräuchte ich heute noch mehr Kraft, und nicht weniger".

"Es war eine spannende Zeit", sagte Pröll über die vergangenen Jahre. Man habe viel erreicht, vor allem die Bewältigung der Wirtschaftskrise. "Ich verlasse die Politik mit Dankbarkeit".

Pröll sprach indirekt auch die jüngsten Skandale in der ÖVP - Stichwort Ernst Strasser und Lobbyismus - an. Es gebe einen "Mangel an Anstand einzelner Politiker", auch in der ÖVP. "Keine Partei kann ein derartiges Verhalten dulden". Er beklagte außerdem den "Stillstand in wesentlichen Zukunftsfragen". Dieser stelle das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik infrage.

Spindelegger gilt als Favorit für Nachfolge

Über seine(n) Nachfolger hielt sich Pröll bedeckt. Der 42-Jährige erklärte lediglich, er werde ein "geordnetes Haus in Partei, Finanzministerium und als Vizekanzler" übergeben. Am Donnerstag wird der Parteivorstand zusammenkommen. Dabei soll über Prölls Nachfolge beraten werden.

Außenminister Michael Spindelegger werden die besten Chancen eingeräumt, Prölls Erbe als Parteichef und Vizekanzler anzutreten. Am Mittwochabend verdichteten sich die Gerüchte, dass die Wahl auf ihn fallen dürfte. Angesichts der Bünde- und Länder-Logik in der Volkspartei war Spindelegger immer als Favorit für die beiden Posten gehandelt worden. Er ist Obmann des ÖAAB und entstammt der mächtigsten VP-Landesorganisation, nämlich der niederösterreichischen.

Als weitere Kandidaten für Prölls Nachfolge werden Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Innenministerin Maria Fekter gehandelt.

Die ÖVP war zuletzt wegen mehrerer Rücktritte - allen voran jenem des EU-Abgeordneten Ernst Strasser - in Turbulenzen geraten. Das nährte Spekulationen um Personalrochaden an der Parteispitze. Führende ÖVP-Politiker betonten aber in den vergangenen Tagen wiederholt, Pröll sei als Parteichef unbestritten. Er werde nach Abschluss seiner Reha in der Woche nach Ostern zurückkommen.

Auch der Koalitionspartner dürfte von Prölls vollständigem Rückzug aus der Politik überrascht worden sein: Er habe in der Früh von Prölls Entscheidung erfahren, sagte SP-Chef Werner Faymann.

Pröll gab am Mittwoch noch nichts über seine Zukunftspläne bekannt. Einem Medienbericht zufolge bekommt er einen Job in einem Unternehmen, das dem Raiffeisen-Konzern gehört.

(Red.)

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