Man habe "schneller über die Bomben in Libyen entschieden als über das Schicksal der armen Einwanderer", kritisiert die Bischofskonferenz. Indes will Italien 10.000 Tunesiern befristete Visa ausstellen.
Trotz der ablehnende Haltung der EU-Innenminister gegenüber der italienischen Visa-Politik will Italien binnen nächster Woche 10.000 tunesischen Flüchtlingen befristete Visa ausstellen, mit denen sie im Schengen-Raum reisen können. "In einer Woche werden wir die Aufenthaltsgenehmigungen verteilen. Wir arbeiten außerdem an einem Plan, damit diese Migranten sich nicht selbst überlassen werden, solange sie nicht beschlossen haben, wo sie sich niederlassen wollen", erklärte der italienische Vize-Innenminister Alfredo Mantovano nach Angaben italienischer Medien vom Mittwoch.
Inzwischen reißt die Flüchtlingswelle in Richtung Lampedusa nicht ab. Am Mittwoch wurde ein Boot mit 104 tunesischen Migranten an Bord in Sicherheit gebracht. Unweit der süditalienischen Insel Pantelleria rettete die italienische Küstenwache ein Boot mit rund 250 Personen an Bord. Am Dienstagabend war auf Lampedusa auch ein Boot mit 57 menschen an Bord eingetroffen.
"Muss sich für Europa schämen"
Der Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord, Umberto Bossi, bekräftigte seine Forderung nach einer sofortigen Abschiebung der tunesischen Flüchtlinge. "Überwachung der tunesischen Küsten, Abschiebungen und Ausweisung der Migranten: Wir müssen auf diesem harten Kurs beharren, wenn wir das Problem mit Tunesien lösen wollen", kommentierte Bossi.
Die katholische Tageszeitung "L'Avvenire", Sprachrohr der italienischen Bischofskonferenz CEI, schrieb, dass man sich "für Europa schämen" müsse. Dasselbe Europa habe "schneller über die Bomben in Libyen entschieden als über das Schicksal der armen Einwanderer". Man spüre überall die immer lauter werdenden Stimmen der ausländerfeindlichen Rechten sowie die Angst der Politiker vor Popularitätsverlust, hieß es.
(Ag.)