Nötig wären Coaches, die die Interessen und Fähigkeiten der Schulabbrecher erheben, mit ihnen einen "Karriereplan" erstellen und sie am Weg zu diesem gemeinsam fixierten Ziel begleiten.
"An sich eine gute Idee" ist aus Sicht des Soziologen Mario Steiner vom Institut für Höhere Studien (IHS) die von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geforderte Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr. Es sei positiv, wenn das System für die Jugendlichen, die maximal die Pflichtschule abgeschlossen haben, Verantwortung übernehme. "Eine Ausbildungspflicht ist aber nur die halbe Miete", so der Autor mehrerer Studien zu frühen Schulabbrechern.
Es reiche nämlich nicht, wenn man versuche, diese rund 10.000 Jugendlichen pro Jahr "in das vorhandene Angebot zu stopfen" und etwa einfach die Berufsinformation auszubauen. Nötig wären vielmehr "Personal Coaches", die die Interessen und Fähigkeiten der frühen Schulabbrecher erheben, mit ihnen einen "Karriereplan" erstellen und sie am Weg zu diesem gemeinsam fixierten Ziel begleiten. "Das kostet etwas, aber es gibt Beispiele dafür, dass es funktioniert". Steiner nennt etwa das "Clearing", bei dem Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder Behinderung geholfen wird, beim Übergang von der Schule ins Berufsleben realistische Entscheidungen zu treffen.
"System stark selektiv"
Derzeit liegt in Österreich die Quote an frühen Schulabbrechern - das sind laut Definition Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren mit maximal Pflichtschulabschluss - bei rund 8,5 Prozent. Dabei sei das System stark selektiv, so Steiner. Das Risiko, zum frühen Schulabbrecher zu werden, sei für Migranten sieben Mal so hoch wie für Jugendliche mit österreichischen Wurzeln. Waren die Eltern bereits frühe Schulabbrecher, ist die Gefahr für die Kinder fünf Mal höher als bei Kindern, deren Eltern einen höheren Bildungsabschluss haben.
Die Gründe für frühen Schulabbruch sind vielfältig und reichen von Orientierungslosigkeit über Mangel an Vorbildern oder fehlendem Selbstvertrauen wegen schlechter Noten bis zu Leistungsdefiziten aufgrund mangelnder Unterstützung durch Schule und Eltern. Strukturell sei "Sitzenbleiben ziemlich eindeutig ein Faktor für vorzeitigen Abbruch", so Steiner. Von einer Streichung der Familienbeihilfe für jene, die trotz Ausbildungspflicht weder in der Schule sitzen noch eine Lehre machen, hält der Forscher nichts. "Es macht keinen Sinn, die Keule zu schwingen. Druck hatten die Jugendlichen in der Schule schon genug. Das löst nicht das Problem fehlender Motivation oder Orientierungslosigkeit."
(APA)