Die "Vapo" als "Motivation für Idioten"

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In den 90er-Jahren wurde die "Volkstreue Außerparlamentarische Opposition" (Vapo) im Rahmen einer Serie von Geschworenenprozessen wegen NS-Wiederbetätigung zerschlagen. Wurde nun ihr Aufleben verhindert?

Wien/M.s. „Alle machen mit, keiner ist verantwortlich.“ Mit dieser Parole, ersonnen in den frühen 1990er-Jahren von den Führern der österreichischen Neonazi-Szene, sollte sich die mächtigste rechtsextreme Gruppierung, die „Volkstreue Außerparlamentarische Opposition“ (kurz Vapo), jedem Zugriff entziehen. Daraus wurde aber nichts: Im Rahmen einer Serie von Geschworenenprozessen wegen NS-Wiederbetätigung wurde die Vapo zerschlagen.

Ob dies nachhaltig gelang, werden die derzeitigen Ermittlungen gegen den seinerzeit als Vapo-Gründer angeklagten Frontmann der Neonazi-Szene, Gottfried Küssel, zeigen. Für den 52-Jährigen gilt freilich die Unschuldsvermutung.

Die Nervosität in Sachen Rechtsradikalismus war im Dezember 1993 am Höhepunkt, als die erste Serie der Briefbombenattentate unter anderem den damaligen Wiener Bürgermeister, Helmut Zilk, traf und dabei lebensgefährlich verletzte. Im Oktober 1994 erhielt Küssel elf Jahre Haft, im Juli 1999 wurde er – nachdem er (inklusive U-Haft) mehr als zwei Drittel seiner Strafe abgesessen hatte – vorzeitig bedingt entlassen. Er versprach, sich nicht wieder im nationalsozialistischen Sinne zu betätigen. Während des Küssel-Prozesses klang das noch anders. Damals führte die strenge Wiener Strafrichterin Klothilde Eckbrecht den Geschworenen etwa ein Video vor, in dem Küssel in einer Brandrede erklärte: „Je länger es noch dauert, desto blutiger wird diese Revolution.“ Irgendwann werde man die Abgeordneten aus dem Parlament „hinaustreiben und an den Laternen aufknüpfen“. Eckbrecht fragte damals Küssel, ob dieser mit seinen Reden nicht die „Motivation für viele nützliche Idioten“ geschaffen habe.

Sogar Gesetz wurde geändert

Außer Küssel wurde Mitte der 90er-Jahre – auch unter Eckbrechts Leitung – der Führer der „Kameradschaft Langenlois“, Hans-Jörg Schimanek junior, verurteilt. Er galt seinerzeit als paramilitärische Frontfigur und erhielt in erster Instanz eine drakonische Strafe von 15 Jahren Haft. Diese wurde vom OGH deutlich, nämlich auf acht Jahre, reduziert. Schimanek junior ist längst ins zivile Leben zurückgekehrt. Gerhard E. wiederum, der als Küssel-Vize galt, bekam wegen Wiederbetätigung drei Jahre Gefängnis.

Auch kleinere „Ränge“ wurden nach und nach verurteilt. Um Verurteilungen erwirken zu können, war 1992 sogar das Verbotsgesetz modifiziert worden. Zusätzlich wurden geringere Strafsätze eingeführt, weil Geschworene ursprünglich davor zurückschreckten, auch bei kleinen Mitläufern langjährige Haftstrafen zu verhängen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2011)

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