Hans-Peter Martin verliert letzten Mitstreiter

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Die Parteiausgaben seien "nicht nachvollziehbar", sagt EU-Abgeordneter Ehrenhauser. Er will Martin nicht weiter decken - und verlässt die Partei.

Wien. Tiefes Zerwürfnis in der Liste Martin: Der letzte Getreue, der Abgeordnete Martin Ehrenhauser, hat den streitbaren EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin verlassen. Und er erhebt schwere Vorwürfe: Der Verbleib von 2,3 Millionen Euro - so viel erhielt die Liste als Rückerstattung für die Wahlkampfkosten - sei zu einem Großteil ungeklärt.

Es ist dies nicht die erste Trennung in dieser Liste, die bei der Europawahl 2009 drittstärkste Partei in Österreich wurde und mit drei Mandataren ins EU-Parlament einzog. Schon im Juli des Vorjahres hatte die Abgeordnete Angelika Werthmann die Delegation verlassen. Auch ihr Vorwurf lautete: mangelnde Transparenz bei der Verwendung der Wahlkampfkosten-Rückerstattung. Martin warf ihr daraufhin mangelnden Arbeitseinsatz vor. Und er richtete auch persönliche Angriffe an sie. Ihr Verhalten sei schuld daran, dass er schwer erkrankt sei.

Der Abgang Werthmanns war auch Ausgangspunkt für den Konflikt zwischen Ehrenhauser und Martin. „Ich habe gesagt, ich verteidige ihn, aber ich verlange völlige Transparenz bei den Ausgaben", so Ehrenhauser zur „Presse". Das sei aber nie erfolgt. Am 29. September legte Martin zwar den Rechenschaftsbericht der Liste für die Jahre 2009 und 2010 vor. Doch darin seien die Ausgaben nicht detailliert aufgelistet gewesen. Als Einnahme schien darin einzig die Wahlkampfkosten-Rückerstattung auf. Größter Ausgabeposten in beiden Jahren war der Sachaufwand für Öffentlichkeitsarbeit: 832.000 Euro fielen dafür 2009 an, nochmals 954.000 Euro im Jahr 2010 (bis 20. September).

Ausgaben nicht nachvollziehbar


Eine Abrechnung, die schon für das Jahr 2009 „sehr überraschend" sei, wie Ehrenhauser noch am 29. September in einem E-Mail an Martin schrieb. Martin selbst hatte die Wahlkampfausgaben mit 500.000 Euro angegeben - eine Summe, die realistisch sei, so Ehrenhauser, der zum Teil selbst Werbe- und Inseratenflächen gebucht hatte. Die höheren Ausgaben seien für ihn aber nicht nachvollziehbar. Noch mehr gilt das für das Jahr 2010: Ehrenhauser schreibt, für dieses Jahr „sind uns keine wesentlichen Ausgaben der Liste Dr. Martin bekannt. Maßnahmen im Jahr 2010 für Öffentlichkeitsarbeit im Wert von 954.111 Euro waren somit nicht einmal für Dein engstes politisches Umfeld sichtbar." Direkt nachprüfen kann Ehrenhauser die Ausgaben nicht, da er kurioserweise auch als Nummer zwei auf der Liste Martin nicht Mitglied der gleichnamigen Partei ist. Er wisse überhaupt nicht, wer außer Martin selbst noch Parteimitglied sei, so Ehrenhauser zur „Presse".

Vergangene Woche eskalierte der Konflikt. Martin berief für 12. April eine Sitzung der Delegation - gebildet aus ihm selbst und Ehrenhauser, den zwei verbliebenen Mitgliedern der Liste - ein, ohne den Streitpunkt Offenlegung auf die Tagesordnung zu setzen. Ehrenhauser antwortete mit einer Einladung zu einer Sitzung am 15. April, mit einer veränderten Tagesordnung - erster Punkt: die Offenlegung der Finanzen der Partei, zweiter Punkt: der Antrag auf Suspendierung von Hans-Peter Martin wegen groben Verstoßes gegen die Gebote der Transparenz und Haushaltskontrolle. Die Reaktion Martins: Er löste kurzerhand die Delegation auf.

Unabhängiger Abgeordneter


Ehrenhauser bleibt jetzt ebenso wie Werthmann unabhängiger Abgeordneter. „Ich werde die Prinzipien der Liste verteidigen und meine Arbeit weitermachen", so der Mandatar zur „Presse". Martin selbst, der für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, wird sich wieder auf die Suche nach neuen Mitstreitern machen müssen. Schon in der letzten Legislaturperiode hatte sich die Nummer zwei auf seiner Liste, die Abgeordnete Karin Resetarits, von ihm abgewandt.

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