Wenn Pinguine beim »I do«-Sagen zuschauen

Fünf Prozent der heimischen Paare entscheiden sich für eine Hochzeit im kleinen Rahmen. Nur exotisch muss er sein.

Keine Lust auf ein Riesentamtam mit Tanti Anni und dem Pepi-Onkel? Null Bock, wochenlang über der Sitzordnung von 150 mehr oder weniger gut bekannten Verwandten zu brüten? Massenauflauf vor der Kirche, Blasmusik und nervig herumhüpfende Gschrappn, nein danke? Solcherart sind die Gedankengänge von Romeos und Julias, die keine Lust auf eine durchorchestrierte Großhochzeit in Österreich haben und lieber im ganz kleinen Rahmen fernab im Ausland heiraten.

Standesbeamte schätzen, dass gut fünf Prozent aller Eheschließungen (2010 gab's in Österreich etwa 37.500) in der Ferne stattfinden. Eingeladen sind dazu meist nur ganz wenige Freunde oder Verwandte – oder auch gar niemand. „Oft sind das Paare, bei denen die Sache für einen oder beide Partner die ,zweite Chance‘ ist“, sagt Angela Lindner, die in Wien die Hochzeitsagentur „Wedding Angel“ führt. „Ist es für beide die erste Ehe, wollen sie oft dem Kostendruck entfliehen.“ Beliebte Ziele seien etwa die Malediven, Sizilien, Kenia und Australien. „Auch Italien ist sehr stark, weil es für Romantik steht.“ Gut komme derzeit die Kombination aus Städtereise und Hochzeit an, etwa in London, Rom, Madrid – und natürlich Venedig.

Motive für Auslandstrauungen können problematische Verwandtschaften, Abenteurertum oder Kindheitserinnerungen sein. „Presse“-Layouter Jorge Rottmann und seine Freundin Dagna hatten für ihre Heirat 2010 „irgendeine Karibikinsel“ gesucht. Es wurde Aruba, eine holländische Insel vor Venezuela. „Als Kind bin ich einmal von Guatemala über Aruba nach Europa geflogen“, sagt Rottmann (seine Mutter ist aus Guatemala), „aber ich kam aus dem Flughafen nicht raus. Also dachten wir, schaun wir uns das jetzt an.“

Eine Auslandshochzeit lässt sich mit etwas Initiative, Recherche im Internet und beim Standesamt in Österreich und am besten einer Vorlaufzeit von zwei, drei Monaten auch selbst planen. Man schickt der Behörde oder dem Webportal des Zielortes (etwa www.mauritius.net) ein entsprechendes E-Mail; das dortige Standesamt rührt sich meist sehr rasch. Manche Reiseunternehmen (etwa Ruefa) bieten Hochzeitspackages an. Dann wird etwa auf Kreta, den Cook-Inseln im Pazifik oder auf Safari in Südafrika geheiratet. Neben Reise- und Hotelkosten fallen in der Regel einige hundert Euro für Trauzeremonie und Formalitäten an. Allein reisende Paare können die nötigen Trauzeugen leicht vor Ort rekrutieren, etwa Hotelangestellte.

Überschaubarer Papierkrieg. An Papieren reichen neben dem Pass meist eine internationale Geburtsurkunde und ein Ehefähigkeitszeugnis. Die meisten Staaten (171) verlangen, dass diese und andere Papiere zuvor von übergeordneten österreichischen Ämtern, und mitunter von der Botschaft dieses Landes, beglaubigt bzw. legalisiert werden. Auch die Gültigkeit fremder Eheurkunden in Österreich setzt meist deren Beglaubigung/Legalisierung durch Behörden im Ausland voraus. Auskünfte geben Standesämter und diplomatisch-konsularische Vertretungen.

Der Autor dieser Zeilen und seine Frau haben's auch ohne fremde Hilfe geschafft, auf den fernen Falklandinseln zu heiraten. Sehen Sie mal auf der Weltkarte nach. Baden kann man dort zwar nicht. Dafür schauen einem Pinguine zu, wenn man „I do“ sagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2011)

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