JN

"Back to the roots", hieß es für Johanna Mikl-Leitner im April 2016: Die Innenministerin und erste Obfrau des ÖVP-Arbeitnehmerflügels ÖAAB wechselte zurück nach Niederösterreich, wo sie Finanzlandesrätin wurde. Nun dürfte sie an die Spitze des Landes rücken - als Nachfolgerin von Landeshauptmann Erwin Pröll.

Sie sei "hart", vielleicht sogar "noch härter" als ihre Amtsvorgängerin Maria Fekter, sagten Beobachter, als die damals 47-jährige Landesrätin aus Niederösterreich, im Jahr 2011 nach Wien gewechselt war. Sie sei sicher kein Charmebolzen und immer sehr direkt.

Die Unternehmerstochter ist mit einer Zwillingsschwester groß geworden, mit der sie engen Kontakt pflegt: Wirtschaftsprüferin Cornelia Spitzer-Leitner. Mikl-Leitner liebt Rehbraten, die Toskana, Rollerskaten. „Neugierde und Freude am Gestalten“ hätten sie in die Politik geführt, sagt sie.

Seit ihren Anfängen bei der ÖVP Niederösterreich 1993 galt die Klosterneuburgerin als wichtige Personalreserve; damals organisierte sie die „Initiative für Erwin Pröll“ bei der Landtagswahl. Ab 1995 war Mikl-Leitner dann in der Landesgeschäftsstelle ihrer Partei tätig, von 1998 bis 2003 als Landesgeschäftsführerin.
Ab 1999 war Mikl-Leitner auch Nationalratsabgeordnete. Davor war die studierte Wirtschaftspädagogin bereits HAK-Lehrerin, Unternehmensberaterin, Trainee der Industriellenvereinigung und Vizechefin des Signum-Verlags.
Im Bild: Mikl-Leitner während einer Pressekonferenz mit der verstorbenen Ex-Innenministerin Liese Prokop

Die Erfahrungen über das Innenleben der ÖVP waren für Mikl-Leitner nützlich, als Josef Pröll sie 2008 zur Vize-Bundesparteichefin machte. Als solche in der Öffentlichkeit unauffällig, verstand sie sich parteiintern als Sprachrohr von Ländern und Gemeinden – „mit Handschlagqualität“, sagen Freunde wie Feinde.

In Niederösterreich war sie bis zu ihrem Wechsel nach Wien im Jahr 2011 zuletzt Soziallandesrätin und seit jeher eine Vertraute Erwin Prölls. Sie – und nicht der damalige Parteichef Michael Spindelegger – sei Prölls „eigentlicher verlängerter Arm in der Bundesregierung“, hieß es bei ihrem Wechsel nach Wien in St.Pölten.

„Hanni“ wurde Mikl-Leitner in St. Pölten immer gerufen. Nur: So locker, wie sie im persönlichen Umgang auftritt, und so sensibel die verheiratete Mutter zweier Töchter auch beim Zuhören ist, so beinhart ist sie als Exekutorin der schwarzen Politik, selbst ohne offizielles Kommando.

Von April 2011 bis April 2016 war die gebürtige Weinviertlerin Herrin in der Herrengasse in der Wiener Innenstadt. Und die Herausforderungen waren enorm: vom Blutbad in der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ im Jänner 2015 über den Strom an Asylwerbern, die vorerst in Zelten beherbergt werden konnten, über den Flüchtlingsdammbruch an der Südgrenze bis zum Terror in Paris im November und zuletzt in Brüssel.
Im Bild: Begrüßung mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maiziere bei einem Minister-Gipfel in Brüssel nach den Anschlägen in der belgischen Hauptstadt.

Das letzte Jahr ihrer Arbeit als Innenministerin war ohne Zweifel von der Flüchtlingskrise geprägt. Mikl-Leitner positionierte sich von Anfang als Hardlinerin. Die anfängliche Willkommenspolitik der Bundesregierung wurde von ihr eher toleriert als propagiert. Den Richtungswechsel zu geschlossenen Grenzen führte sie gemeinsam mit ihrem neuen "SPÖ-Pendant", Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, durch.

Ihren Kurs unterstrich sie in der gerade für Innenminister typischen Law-and-Order-Manier meist in kantigen, mitunter aber aufgesetzt einstudiert wirkenden Worten und Botschaften. Ihr Nachfolger im Innenministerium wurde der niederösterreichische Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka.