Schulden: Ratingagentur zweifelt an Triple-A für USA

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Die Ratingagentur Standard & Poor's sieht ein "erhebliches Risiko", dass die USA ihre langfristigen Schulden nicht in den Griff bekommen. Daher könnte auch das Höchst-Rating Triple-A zukünftig gefährdet sein.

Wien/Bloomberg/Reuters/Jaz. Es sind vorsichtige Worte, deren Kern allerdings einer wirtschaftspolitischen Bombe gleicht. „Wir glauben, es gibt ein erhebliches Risiko, dass die US-Politik keine Übereinkunft finden kann, wie mit den langfristigen Schulden zu verfahren ist. Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, würde das finanzielle Profil der USA aus unserer Sicht deutlich schwächer als jenes anderer mit ,AAA‘ bewerteter Nationen aussehen“, schreibt die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) in einem am Montag veröffentlichten Report.

Übersetzt bedeutet dies, dass S&P aufgrund der ausufernden Schulden der USA und des politischen Streits zwischen Republikanern und Demokraten ernsthaft an dem Höchst-Rating für die weltweit größte Wirtschaftsnation zweifelt. Vorerst wurde das Triple-A zwar noch bestätigt, allerdings wurde der Ausblick für die US-Bonität von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt.

Kritik von der US-Regierung

Die Reaktionen auf diese Einschätzung fielen durchwegs heftig aus. Von der US-Regierung gab es sofort harsche Kritik. „Der negative Ausblick unterschätzt die Fähigkeit der Führer Amerikas, gemeinsam die schwierigen finanzpolitischen Herausforderungen anzugehen, vor denen die Nation steht“, sagte Finanzstaatssekretärin Mary Miller in einer Stellungnahme.

An den Börsen maßen die Anleger den Worten von S&P jedoch starkes Gewicht bei und flohen in Scharen aus riskanten Anlageformen wie Aktien in „sichere Anlagehäfen“, etwa Gold. Die westlichen Börsen lagen durchwegs im roten Bereich, nur in Asien gab es noch Zuwächse bei den Indizes – diese hatten nämlich bereits zuvor geschlossen. Der Goldpreis legte im Gegenzug erneut zu und erreichte mit fast 1500 Dollar je Feinunze ein neues Rekordhoch.

Von den Analysten wurde der Schritt von S&P auch als sinnvoller Warnschuss an die Abgeordneten und Senatoren im US-Kapitol gewertet. „Diese neue Warnung unterstreicht die Notwendigkeit, dass die USA ihre Finanzen besser kontrollieren müssen“, meinte etwa Mohammed El Erian, Chef des großen und wichtigen Fondsanbieters Pimco.

Dem stimmt auch Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, zu: „Ich halte die Senkung des Bonitätsausblicks für begrüßenswert, weil sie den Druck auf die US-Regierung erhöht. Denn bislang fehlt ein Plan zur wirklichen Schuldenreduzierung.“

Erst vergangenes Wochenende konnten Demokraten und Republikaner in der letzten Sekunde eine Einigung finden, um zumindest das aktuelle Budget zu beschließen. Zehntausende Bundesangestellte hatten sich zuvor bereits darauf eingestellt, in einen Zwangsurlaub zu gehen, da ohne Einigung sämtliche nicht essenzielle öffentliche Bereiche (etwa Nationalparks und Museen) vorübergehend geschlossen worden wären.

Kampf ums Schuldenlimit

Doch dieser Budgetkampf gilt bloß als Auftakt für die Verhandlungen um die Anhebung des gesetzlichen Schuldenlimits im Frühjahr. Laut bestehenden Gesetzen dürfen sich die USA mit maximal 14,3 Billionen Dollar (zehn Bill. Euro) verschulden. Dieser Wert dürfte spätestens im Juli erreicht werden. Sollte es bis dahin keine Einigung über eine Anhebung dieses Limits geben, droht das Horrorszenario: Die USA wären zahlungsunfähig.

Einer Anhebung des Schuldenlimits wollen die Republikaner aber nur zustimmen, wenn sie auf die Sparmaßnahmen der Regierung genügend Einfluss haben können. Und genau hier spießt es sich gewaltig. So wollen die Republikaner vor allem bei den Gesundheitsausgaben sparen. Ein Bereich, dem auch von unabhängigen Beobachtern viel Ineffizienz attestiert wird.

Allerdings verfolgen die Republikaner dabei auch politische Ziele und wollen die von US-Präsident Barack Obama eingeführte Gesundheitsreform torpedieren. Dieser wiederum sieht das größte Einsparpotenzial bei den Verteidigungsausgaben, traditionell einem Leibthema der Republikaner.

Auf einen Blick

Standard & Poor's zieht das Triple-A Rating der USA in Zweifel. Ausufernde Schulden und fehlende politische Einigkeit könnten zu einem Verlust der Höchstwertung führen. Die Wahrscheinlichkeit dafür liege in den kommenden zwei Jahren bei rund 30 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2011)

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