Neue Vorwürfe gegen EU-Mandatar Hans-Peter Martin

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Für Büros, die Martin an seine Partei vermietet hat, seien zu hohe Kosten verrechnet worden, sagen frühere Mitstreiter. Martin weist die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft "klärt" nun seine Immunität.

Wien. Am Mittwoch sind neue Vorwürfe gegen den EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin aufgetaucht. Es geht um Mietzahlungen für Büros, die Martin als Privatperson seiner Partei, der Liste Martin, zur Verfügung stellte – zu weit überhöhten Preisen, wie seine früheren Mitstreiter und nunmehrigen Kontrahenten meinen. Diese Gruppe um den EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser vermutet, dass Martin Mittel aus der Wahlkampfkosten-Rückerstattung für persönliche Zwecke abgezweigt habe.

Der „Presse“ liegen Belege für zwei Mietzahlungen vor: Im Jahr 2007 zahlte sich Martin selbst 120.510 Euro aus, zwei Jahre später war es annähernd dieselbe Summe, nämlich 120.872 Euro. Die Gegenleistung? 2007 ging es laut einer Aufstellung für das Finanzamt um Mieteinnahmen seiner Wohnung im zweiten Wiener Gemeindebezirk für die Jahre 2002 bis 2007. Dabei handelt es sich um eine 127 Quadratmeter große Eigentumswohnung, laut Einkommensteuererklärung auch der Wohnsitz des EU-Mandatars.

Rechnet man diese Zahlung auf die Dauer von sechs Jahren um, so kommt man auf eine Durchschnittsmiete von rund 1500 Euro, was in dieser Lage angemessen wäre, wenn das Objekt ausschließlich für Bürozwecke genutzt wurde. Allerdings berichten Mitarbeiter der Liste Martin der „Presse“, dass die Wohnung erst im Jahr 2009 bürotauglich gemacht wurde. Da erst habe man etwa ein Faxgerät installiert.

Die zweite Zahlung aus dem Jahr 2009 kann sich nur auf einen Zeitraum von zwei Jahren und drei Monaten beziehen – alles andere wäre bereits mit der Rechnung von 2007 abgegolten. Und da kommt man auf eine durchschnittliche Monatsmiete von mehr als 4400 Euro – das wäre auch für ein Büro an einer Wiener Nobeladresse – das Objekt befindet sich im Pratercottage – viel zu viel.

„Geheimes Büro“

Hans-Peter Martin wehrt sich gegen die Vorwürfe: Es gehe um Mieteinnahmen in zwei Objekten für drei Jahre. Eine Argumentation, die wiederum für Ehrenhauser nicht nachvollziehbar ist: Ihm sei kein weiteres Büro der Liste Martin bekannt. Martin verstricke sich weiter in Widersprüche. Er forderte seinen früheren Mitstreiter auf, Standort und Zweck des von ihm erwähnten zweiten „geheimen“ Büros zu nennen und die Bürokosten aufzuschlüsseln. Des Weiteren solle Martin erklären, wie viel seine Firma Global Informations (Firmensitz an derselben Adresse) und er selbst an Mietanteil für seine Wiener Wohnung übernommen haben.

Martin verteidigte sich in einer Aussendung gegen die Vorwürfe: Ehrenhauser würde sich nur auf Entwürfe für die Abrechnung der Verwendung der Finanzmittel der Partei stützen. Die „endgültige, tatsächlich durch die amtlichen Prüfer herangezogene Abrechnung“ weiche in wesentlichen Punkten davon ab. Martin erläuterte in der Aussendung auch, wie sich seine Partei tatsächlich finanziert. Wahlkämpfe würden aus einem „Aktivitätenfonds“ finanziert – ähnlich dem Streikfonds des ÖGB.

Die Staatsanwaltschaft Wien erklärte am Mittwoch, sie könne keinen Verfolgungsantrag stellen, wenn die Immunität Martins nicht aufgehoben ist. Dieses formelle Hindernis müsse geklärt werden, bevor weitere Ermittlungen stattfinden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21. April 2011)

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