In Elfenbeinküste droht nun ein Krieg unter Siegern

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Bei den Truppen von Präsident Ouattara tun sich Risse auf: Die "Republikanische Armee" kämpft gegen das "Commando Invisible" des Ex-Rebellenführers und Putschisten Ibrahim Coulibaly. Grund: alte Rivalitäten.

Abidjan/Grand-bassam. Am Donnerstag und Freitag wurden die Einwohner der ivorischen Wirtschaftsmetropole Abidjan, die sich nach den schweren Straßenkämpfen der vergangenen zwei Wochen langsam aus den Häusern wagten, erneut von Gefechtslärm in mehreren Stadtteilen erschreckt.

Im riesigen Gebiet von Yopougon, einer Hochburg des gestürzten und verhafteten Ex-Präsidenten Laurent Gbagbo, jagen Soldaten der „Republikanischen Armee“ des im Herbst rechtmäßig gewählten Staatschefs Alassane Ouattara weiter Milizionäre Gbagbos. Für die Zukunft des Landes problematischer als der Widerstand, den Reste der Gbagbo-Leute leisten, dürften sich aber Kämpfe erweisen, die Donnerstag im Vorort Abobo zwischen Fraktionen der Regierungstruppen tobten: Dabei hatten Einheiten der Republikanischen Armee das Hauptquartier der verbündeten „Commando Invisible“-Miliz des Warlords Ibrahim Coulibaly angegriffen. Ursache und Verlauf der Kämpfe waren Freitag unklar.

Abobo, wo vor Beginn des Bürgerkriegs eine Million Menschen lebten, gilt als Hochburg von Ouattara. Der militärische Aufstand gegen Gbagbo, der nach der verlorenen Präsidentenwahl nicht abtreten wollte, hat dort zu einem wesentlichen Teil seinen Ausgang genommen, als das bis dato mysteriöse Commando Invisible die Gbagbo-loyalen Truppen attackiert und ihnen arge Verluste zugefügt hat.

Als Führer des Commandos gab sich Ibrahim Coulibaly, besser bekannt unter seinem Kürzel „IB“, zu erkennen. Er hatte schon 2002 eine Rebellion gegen Gbagbo angeführt, unterlag aber rasch in einem Führungskampf seinem Kollegen Guillaume Soro. Der wurde 2003 nach einem ersten Abkommen zur Befriedung des Landes Minister in einer Regierung der Nationalen Versöhnung unter Präsident Gbagbo – und 2007 nach dem Friedensvertrag von Ouagadougou sogar Premierminister bis zur Wahl 2010. Nach dieser trat der heute 38-Jährige zurück – und wurde danach von Wahlsieger Ouattara zu dessen Premier ernannt – und zum Verteidigungsminister.

Von Pariser Gericht verurteilt

Das Wiederauftauchen von „IB“ aber, der 2004 von einem Pariser Gericht zu fünf Jahren Haft wegen eines geplanten Putsches in der Elfenbeinküste verurteilt wurde, danach nach Ghana floh und später in Belgien untertauchte, hat die bekannt einfallsreiche Gerüchteküche Abidjans brodeln lassen – aber weder IB noch die Republikanische Armee von Ouattara und Soro haben je eine direkte beiderseitige Verbindung eingestanden.

Vor und nach Gbagbos Sturz meldete sich der plötzlich vom „Sergent Chef“, also dem Unteroffiziersdienstgrad des Oberwachtmeisters, zum Divisionsgeneral avancierte IB in regelmäßigen Kommuniqués zurück, betonte seinen „unabhängigen Kampf“ gegen Gbagbo, reklamierte aber zuletzt auch seinen „Anteil am Sieg“.

Soro hat ihn offenbar zuletzt aufgefordert, ebenfalls die Waffen niederzulegen, zunächst jedoch vergeblich. IB reagiert empört mit einem neuen Kommuniqué, in dem er Premier Soro und seine Soldaten attackiert, Ouattara jedoch als Präsidenten anerkennt. Seit den Kämpfen vom Donnerstag hat man indes nichts von ihm gehört.

Riesenproblem für Ouattara

Die Rivalität zwischen den einstigen Rebellenführern kocht also nach acht Jahren neu auf. Das dürfte Ouattara Probleme machen, der nichts weniger brauchen kann in dem Versuch um Versöhnung mit den Gbagbo-Partisanen als Krieg im eigenen Lager. Es wird den Präsidenten, der seine Angelobung für Ende Mai angesetzt hat, auch daran hindern, seine Republikanische Armee, die sich durchaus nicht überall beliebt gemacht hat, endlich in die Kasernen zu schicken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2011)

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