Westliche Banken ziehen sich aus Russland zurück

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Die aggressiv expandierenden russischen Staatsbanken zwingen ausländische Rivalen in die Knie. Die größten Auslandsbanken sind die Bank Austria und Raiffeisen International. Sie werden in Russland bleiben.

Moskau. Das Versprechen währte nur kurz. „Alles Beste, das die Welt Ihnen geben kann“, hatte die britische Großbank HSBC den Begüterten unter den russischen Privatkunden zwei Jahre lang versprochen. Aber auch für Russen, die über weniger Geld verfügten, hatte HSBC Lösungen versucht. Ab 30.Juni ist Schluss damit. Die Briten stellen ihr Privatkundengeschäft im einst so vielversprechenden Riesenreich mit 143 Millionen Einwohnern an der Wolga wieder ein.

HSBC ist nicht die erste westliche Bank, die in Russland nicht reüssiert hat. Erst im Februar hat das britische Institut Barclays angekündigt, sein Retailgeschäft in Russland zu verkaufen.

Einen Käufer für seine russischen Abteilungen sucht auch die schwedische Swedbank. Raus aus dem Markt will ebenso die belgische KBC Group; die spanische Bank Santander hat bereits im vergangenen Dezember verkauft. Und ähnliche Überlegungen dürften der italienischen Intesa ins Haus stehen, erklärt Johann Jonach, Aufsichtsratsvorsitzender der größten russischen Privatbank Alfa-Bank: „Für den Rest der nennenswerten Banken aber schließe ich ein ähnliches Schicksal aus.“

Doch selbst für etablierte ausländische Institute wird der Markt immer enger. Vor allem die einheimischen Staatsbanken, auf die jetzt schon 60 Prozent der Bilanzsumme des gesamten Bankensystems entfallen, expandieren aggressiver denn je. Platzhirsch Sberbank etwa, der Favorit für die Übernahme der Ost-Holding der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), hat sich mit der französischen BNP Paribas zusammengetan und will den Markt für „Consumer Finance“ (Konsumentenkredite) aufmischen.

Die staatliche Nummer zwei, VTB, die sich mit der Transkreditbank eine Million Eisenbahnmitarbeiter geangelt hat, schluckt gerade konkurrenzlos das landesweit sechstgrößte Geldinstitut Bank of Moscow. „Es ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für alle“, sagt Jonach. „Die Margen werden geringer, Service wird noch entscheidender, und neue Geschäftsfelder müssen überlegt werden.“ Und überdies: Der Bonus, dass ausländischen Geldinstituten mehr Vertrauen entgegengebracht worden sei als einheimischen, sei seit der Krise passé.

In Russland werden die Verkaufsbemühungen ausländischer Banken nicht als großflächiger Abzug verstanden, sondern als Zeichen der Marktsättigung. Der Zeitrückstand durch den verspäteten Markteintritt sei nicht mehr aufzuholen. „Diese Banken stiegen zu Beginn der Krise in das Retailgeschäft ein“, meint Wladimir Golubkov, Chef der russischen Privatbank Rosbank. „Vermutlich schafften sie es nicht, einen fixen Platz einzunehmen.“ So habe etwa die belgische KBC 2007 für eine Milliarde Euro eine russische Bank zum sechsfachen Buchwert gekauft. Nun gelte es, den Schaden zu begrenzen.

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Stepic: „Wir sind ein langfristiger Investor“
Diejenigen, die früh vor Ort waren, werden bleiben. Dazu zählen auch österreichische Banken. „In Russland trennt sich die Spreu vom Weizen“, sagt Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International (RBI). Vor allem jene Institute, die auf schnelle Gewinne aus seien, würden sich im Moment zurückziehen. „Wir sind dagegen ein langfristiger Investor“, so Stepic. RBI ist seit 1990 in Russland und beschäftigt in 198Filialen über 8600 Mitarbeiter. Die Moskauer Tochter erwirtschaftete im Vorjahr einen Gewinn von 214 Millionen Euro, das entspricht einem Fünftel des Konzernergebnisses von RBI.

Mit einer Bilanzsumme von 12,4 Milliarden Euro ist Raiffeisen Bank International die zweitgrößte Auslandsbank in Russland. Auf Platz eins unter den russischen Auslandsbanken liegt die UniCredit-Tochter Bank Austria. Diese hat im Vorjahr mit 3669 Mitarbeitern in 112 russischen Filialen einen Vorsteuergewinn von 318 Millionen Euro erzielt. Die Bank plane weiteres Wachstum und die Eröffnung zusätzlicher Filialen, so ein Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2011)

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