Volksbefragung über Ortstafel-Lösung sorgt für Unmut

Volksbefragung ueber OrtstafelLoesung empoert
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Ex-VfGH-Präsident Korinek findet es "zutiefst undemokratisch", dass eine Mehrheit über eine Minderheit abstimmt. Auch am "merkwürdigen" Amtssprache-Kompromiss setzt es Kritik.

"Historische Einigung", "ein Sieg der Vernunft": Das Ende des Ortstafel-Konflikts nach 56 Jahren sorgt für euphorische Reaktionen. In ungewohntem Gleichklang preisen Bundesregierung und Experten den am Dienstagabend ausverhandelten Kompromiss, der die Aufstellung von 164 zweisprachige Ortstafeln vorsieht. Kritik gibt es am Mittwoch aber an der "merkwürdigen" Amtssprachenregelung und dem weiteren Vorgehen der Kärntner Landesregierung.

"Zutiefst undemokratisch"

Dass Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) die Kärntner in einer Volksbefragung über den Ortstafel-Kompromiss abstimmen lassen will (und wird), findet der Ex-Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, "zutiefst undemokratisch". "Wenn sie eine Zustimmung bringt, braucht man die Befragung nicht", erklärte Korinek auf Ö1. Sollten die Kärntner aber den Kompromiss mehrheitlich ablehnen, "dann würde man auf der ganzen Welt sagen: 'Das ist das erste Mal in einer Demokratie, dass man die Mehrheit über die Minderheit abstimmen lässt.'"

Politischer Unmut über Volksbefragung

Obwohl Dörfler mit einem "überwältigenden Zustimmung" der Kärntner rechnet, macht sich auch in der Politik Unmut über die Volksbefragung breit: Kanzler Werner Faymann (SPÖ) ist "nicht begeistert". VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner findet die Idee "nicht gut, weil wir ja eine repräsentative Demokratie haben". Ortstafel-Chefverhandler Josef Ostermayer "wäre das auch nicht eingefallen" und Heinz Fischer sagt über die "unnotwendige" Befragung, dass diese nichts nützt, "aber hoffentlich auch nicht schadet".  Der Bundespräsident deutet aber an, dass das Ergebnis der regionalen "Umfrage" keine Rolle spielen wird. Grund: Die Ergebnisse von Volksbefragungen sind rechtlich nicht bindend.

Neben der FPK stellen sich nur der politische Verbündete FPÖ und das BZÖ hinter die vermutlich im Juni stattfindende Befragung, wobei noch unklar ist, ob alle (Süd)-Kärntner oder nur die Bewohner der betroffenen Gemeinden abstimmen werden. Sollte die Befragung wie erwartet positiv ausgehen, wollen die Parteien von Heinz-Christian Strache und Josef Bucher den Kompromiss gemeinsam mit SPÖ, ÖVP und Grüne auch im Parlament mittragen. Ein einstimmiger Beschluss im Sommer ist somit in Reichweite.

Anders als die Volksbefragung hält Ex-VFGH-Präsident Korinek den Kompromiss mit 164 Ortstafeln für eine "im Prinzip gute Lösung". Dass dadurch die alte Vorgabe des VFGH, zweisprachige Ortstafeln ab einem Minderheiten-Anteil von zehn Prozent aufzustellen, nicht eingehalten wird, stört ihn nicht. Der VfGH sei nur von der Quote ausgegangen, weil es noch keine gesetzliche Regelung gab. "Wenn der Gesetzgeber das jetzt tut, dann ist das sehr gut."

"Das ist sehr merkwürdig"

Historiker Stefan Karner, der 2005 für Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel einen Vorschlag mit 156 zweisprachigen Ortstafeln ausgearbeitet hatte, ist mit dem Kompromiss im großen und ganzen zwar zufrieden: "Aus meiner Sicht geht das in Ordnung." Neben Kritik an der geplanten Volksbefragung empörte er sich allerdings gegenüber Ö1 über die vorgesehene Amtssprachenregelung etwa in St. Kanzian und Eberndorf. In St. Kanzian soll Slowenisch als Amtssprache nur in jenen elf Ortschaften der Gemeinde gelten, in denen auch zweisprachige Tafeln stehen, in Eberndorf wiederum nur dort, wo der Slowenen-Anteil über 17,5 Prozent ausmacht.

-->Kommentar von Oliver Pink: Danke und Hvala lepa!

"Das ist sehr merkwürdig. Ich glaube nicht, dass diese Regelung dauerhaft halten und Frieden stiften kann", so Karner. Auch Korinek spricht von einer "Kleinlichkeit, über die man sich auf der ganzen Welt lächerlich machen wird". Dennoch sei der Kompromiss "ein gangbarer Weg".

Auch Rechtsanwalt Rudi Vouk bezeichnete den Amtssprachen-Kompromiss "als nicht begründbar". Die Sonderregelungen für die beiden Gemeinden würden vor dem VFGH nicht halten, erklärte Vouk am Mittwoch. Der Rechtsanwalt hatte vor rund zehn Jahren mit seinen Einsprüchen die Beschäftigung des VFGH mit der Ortstafelfrage erreicht.

(Red.)

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Kommentare

Aus Angst vor der Blamage

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