Palästinenser: Ende des Bruderzwists Hamas-Fatah

Hamas Fatah einigen sich
Hamas Fatah einigen sich(c) EPA (MOHAMMED SABER)
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Die verfeindeten Palästinenser-Gruppen haben sich versöhnt. Binnen eines Jahres soll in Gaza und der Westbank gewählt werden. Israel sieht in der Einigung eine Schwäche von Abbas.

Jerusalem. Die beiden palästinensischen Fraktionen Fatah und Hamas wollen eine Einheitsregierung gründen. Die am Mittwoch abend überraschend getroffene Vereinbarung ist zunächst nur mit den Initialen der Vertreter beider Parteien unterzeichnet worden. Eine offizielle Zeremonie in Anwesenheit von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Hamas-Politbürochef Khaled Mashal soll in den kommenden Tagen folgen. Dann wird vermutlich auch der Termin für Wahlen bekanntgegeben werden.

Die Einigung kam offenbar nach einer Reihe geheimer Verhandlungen und mit Hilfe des Vermittlers Murad Muwafi zustande, dem neuen Chef des ägyptischen Geheimdienstes. Muwafi gelang, woran sein Vorgänger Omar Suleiman scheiterte. Dabei spielten ihm mehrere Umstände in die Hände. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatach) steckte in den Friedensverhandlungen mit Israel fest und strebt nun zusammen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fayyad die Anerkennung des Staates Palästina vor der UN an. Dazu kommt, dass er für September Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ankündigte, die die Hamas in Gaza zunächst boykottieren wollte. Wahlen ohne Miteinbeziehung von Gaza sind hingegen wenig sinnvoll, denn das Ziel von Neuwahlen ist in erster Linie, der künftigen Regierung ein handfestes Mandat auch bei erneuten Friedensverhandlungen zu verschaffen.

Frieden mit „Halb-Palästina"?

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu argumentierte wiederholt und nicht zu Unrecht damit, dass ein Friedensabkommen solange nicht relevant sei, solange die palästinenensischen Delegierten nur „Halb-Palästina", also nur das Westjordanland vertreten. Allerdings wehrt sich der israelische Regierungschef nun nicht minder vehement gegen Verhandlungen mit einer palästinensischen Einheitsregierung, an der die Hamas beteiligt ist. „Ihr könnt nicht gleichzeitig Frieden mit Israel und der Hamas haben", stellte er fest.

Nicht zum ersten Mal einigten sich die beiden Fraktionen auf ein Zusammengehen. Die im März 2007 gegründete Regierung der Nationalen Einheit hielt indes nur wenige Wochen. Bei dem andauernden Konflikt geht es nicht nur um ideologische Gegensätze. Zwischen den beiden Parteien bestehen noch etliche offene Rechnungen aus den Zeiten blutiger Auseinandersetzungen. Beide Fraktionen waren nicht zimperlich, als es darum ging, Anhänger der gegnerischen Partei zu verfolgen, zu foltern und auch zu töten.

Das Kernproblem bei dem inner-palästinensischen Konflikt ist jedoch die Machtverteilung. Die Hamas hatte 2006 die Wahlen gewonnen, trotzdem behielt die Fatah de facto die wichtigen Posten für sich, vor allem bei den Sicherheitsdiensten.

Einheitsregierung erwünscht

Um eine Einheitsregierung gelingen zu lassen, muss es eine Vereinheitlichung der offiziellen Sicherheitsdienste und der Armee der Hamas geben. Auch die Regierungsbildung wäre schwierig, am ehesten wäre eine Expertenregierung denkbar.

Al Jazeera zitierte noch gestern Nacht den Hamas-Sprecher Ghazi Hamad in Gaza, der mit Wahlen nicht vor einem Jahr rechnet. Die Chancen, dass die Einheitsregierung bis zum Frühjahr 2012 halten, stehen alles andere als gut.

Dennoch: Das wäre es, was sich die Mehrheit des Volkes laut Umfragen wünscht. Die Bewegung 15. März fordert mit einem Proteszelt im Zentrum Ramallahs seit gut einem Monat die inner-palästinensische Versöhnung. Mehrere Inhaftierte unterstützen ihren Kampf neuerdings mit einem Hungerstreik. Dabei hat die vereinbarte Einheitsregierung auch Gegner. Junge Fatah-Anhänger in Ramallah stürmten jüngst das Zelt des 15. März und in Gaza drohten radikale Islamisten mit Angriffen gegen den Palästinenserpräsidenten, sollte Abbas die Einladung von Ismail Haniyeh, Hamas-Ministerpräsident in Gaza, annehmen.

(Ag.)

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