Wien hält Kosten für Werbung geheim

(c) Erwin Wodicka
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Während die Bundesregierung jene Medien nennt, in denen sie Inserate schaltet, lehnt Wien dies ab. In der Medienbranche ist es ein offenes Geheimnis, dass die SPÖ Gratis- und Boulevardzeitungen fördert.

Wien. Ist freundliche Berichterstattung käuflich? Die Bundesregierung will dem von Kritikern geäußerten Verdacht demnächst mit einem Gesetz entgegentreten, das dazu verpflichtet, offenzulegen, welches Ministerium in welcher Zeitung für wie viel Geld Anzeigen schaltet. Wien ist da anders.

Österreichs Hauptstadt hat nämlich kein Interesse daran, seine millionenschweren Maßnahmen zur Eigenwerbung transparent darzulegen. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage des FP-Gemeinderats Dietbert Kowarik hervor, die dieser an alle amtsführenden Stadträte richtete. Wobei in Wahrheit nur ein einziger, nämlich der für den Presse- und Informationsdienst zuständige Christian Oxonitsch, sich auch inhaltlich äußerte. Alle anderen SP-Parteifreunde verwiesen in ihren Antworten kurz und bündig auf sein Schreiben: „Siehe Stadtrat Oxonitsch“ hieß es u.a. von Michael Häupl, Renate Brauner, Sonja Wehsely, Michael Ludwig, Sandra Frauenberger, Ulrike Sima und Andreas Mailath-Pokorny. Auch die einzige Grüne, Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, schloss sich den Genossen an.

Boulevard bevorzugt

Laut Oxonitsch ist der Aufwand für eine transparente Erhebung, welches Medium mit wie viel Geld aus den Töpfen der Stadt und in ihrem Eigentum stehenden Unternehmen bedacht wird, „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt“.

In der Medienbranche ist es ein offenes Geheimnis, dass die SPÖ in ihrem Einflussbereich Gratis- und Boulevardzeitungen besonders fördert. Durchschnittlich zwölf Prozent ihres Anzeigenaufkommens lukrieren Tageszeitungen durch Einschaltungen von Politik, öffentlichen Institutionen und in öffentlichem Eigentum stehenden Unternehmen. Alles in allem ein Topf von 95 Mio. Euro jährlich. So lautet eine Berechnung des Herausgeberverbandes. Bei der Gratiszeitung „Heute“ beträgt der Anteil 28 Prozent, bei „Österreich“ sind es 19, bei der Krone 13 Prozent. Zum Vergleich: „Die Presse“ verdient neun Prozent ihrer Anzeigenerlöse in diesem Sektor.

Warum ausgerechnet Wien, wo allein der Pressedienst des Magistrats ein Jahresbudget von 30Mio. hat, die Geldflüsse nicht veröffentlichen will, wollte Oxonitsch der „Presse“ nicht beantworten. „Der Anfragebeantwortung im Gemeinderat ist nichts hinzuzufügen“, so seine Sprecherin knapp.

Ebenfalls im Einflussbereich des Rathauses stehen stadteigene Unternehmen und Großinserenten wie die Wiener Linien, die Wien Holding und Wien Energie. Letztgenannter Konzern gab – wie das Rathaus – auch eine negative Stellungnahme zum geplanten Transparenzgesetz der Bundesregierung ab (siehe Artikelanfang). Begründung: Wien Energie sei – obwohl im Eigentum der Stadt – völlig privat und unabhängig und werde durch eine Veröffentlichungspflicht gegenüber der Konkurrenz benachteiligt.

Kowarik wirft den Grünen vor, sich nicht mehr an die Wahlversprechen von mehr Transparenz zu halten. Die entgegnen durch Klubobmann David Ellensohn, dass mit dem Bundesgesetz kein Weg mehr an der Veröffentlichung vorbeiführe. Der FPÖ ist das zu wenig. Sie will noch im Mai das Kontrollamt mit der Durchforstung der Werbeausgaben beauftragen.

Auf einen Blick

Wiens Stadtregierung weigert sich, die durch millionenschwere Inserate gesteuerten Geldflüsse zu Medien offenzulegen. Kritiker vermuten, dass so freundliche Berichterstattung gekauft werden soll. Die Bundesregierung will das abstellen. Derzeit ist ein Gesetz in Planung, das zur Veröffentlichung verpflichten soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2011)

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