Johannes Paul II. in Österreich: KZ und Ostblock

Papst Johannes Paul
Papst Johannes Paul(c) APA (Fesl J.)
  • Drucken

Dreimal besuchte der Papst Österreich, die Begeisterung und die Besucherzahlen sanken von Visite zu Visite. Thematisch standen der Nationalsozialismus und der Kommunismus im Zentrum.

Dreimal hat Johannes Paul II., der am 1. Mai seliggesprochen wird, Österreich besucht - in den Jahren 1983, 1988 und 1998. Während die erste Reise damals als riesige Sensation galt, war die öffentliche Aufnahme seines letzten Besuchs bereits stark von der österreichischen Kirchenkrise der 90er Jahre geprägt.

Erstmals kam der polnische Papst am 10. September 1983 in Wien an. Zwar hatte zuvor bereits ein Papst der Neuzeit - nämlich Pius VI. (1775-1799) im Jahre 1782 - Österreich besucht, trotzdem galt ein derart "zweckfreier" Pastoralbesuch noch als etwas völlig Neues. Fast genau zwei Jahrhunderte zuvor hatte der Papst nämlich Rom verlassen, um Kaiser Joseph II. von dessen Plänen abzubringen, die Kirche unter staatliche Lenkung zu stellen und zahlreiche Klöster aufzulösen.

Ermutigung für "Solidarnosc"

Blieb Pius VI. im 18. Jahrhundert mit seinem Ansinnen noch erfolglos, gestaltete sich die dreitägige Visite von Johannes Paul II. als wahrer Triumphzug: Trotz der Kälte und des Regens kamen sensationelle 350.000 Gläubige zur großen Messe im Donaupark, auf dem Heldenplatz versammelten sich 130.000 Menschen für die "Europa-Vesper"; 70.000 Jugendliche waren beim Treffen im Praterstadion dabei.

Besondere politische Bedeutung hatte das Treffen mit seinen polnischen Landsleuten auf dem Karlsplatz, zu dem 25.000 Menschen kamen und wo auch Transparente der damals im kommunistischen Polen verbotenen Gewerkschaft "Solidarnosc" zu sehen waren. Viele tschechische und slowakische Gläubige waren ebenfalls gekommen, die der Papst in ihren Sprachen begrüßte. Die Begeisterung, die der polnische Papst in den damals kommunistischen Ländern entfachte, dürfte auch ein Grund gewesen sein, dass die tschechoslowakische Nachrichtenagentur CTK in diesen Tagen einen spitzen Kommentar veröffentlichte, in dem die Kosten des Papstbesuchs von hundert Millionen Schilling bemängelt wurden, "während gleichzeitig allein in Wien 5000 Familien ohne Obdach sind".

Zweiter Besuch als Österreich-Rundreise

Blieb das Besuchsprogramm 1983 noch auf Wien beschränkt, widmete sich der Papst bei seiner zweiten Visite vom 23. bis 27. Juni 1988 dem ganzen Land. Mit dem Hubschrauber flog er kreuz und quer durch Österreich und besuchte sechs Bundesländer (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg und Tirol). Als Zeichen des nahenden Falls des Kommunismus in dieser Zeit kann es wohl gewertet werden, dass an der Messe im burgenländischen Trausdorf bei Eisenstadt, bei dem 80.000 Menschen dabei waren, auch Zehntausende Ungarn und Kroaten teilnahmen.

Einer der Höhepunkte war der Besuch im ehemaligen KZ Mauthausen, wo Johannes Paul II. in bewegenden Worten an das Leid der Opfer "eines irrsinnigen Planes" erinnerte. Zuvor traf der Papst in Wien Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde. In Anspielung auf die zuvor stattgefundene Debatte um die Vergangenheit des damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim richtete Kultusgemeinden-Präsident Paul Grosz an Johannes Paul den Appell, er möge seinen Einfluss beim österreichischen Volk dazu verwenden, "die Bedeutung der Gewissenserforschung und die bewusste Verarbeitung der eigenen Vergangenheit zu unterstreichen".

Dritter Besuch im Zeichen der Kirchenkrise

In ganz anderem Zeichen stand dann der dritte und letzte Besuch von Johannes Paul II. in Österreich von 19. bis 21. Juni 1998. Die Kirche im Land war zu dieser Zeit von heftigen Debatten rund um die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Erzbischof von Wien, Hans Hermann Groer, und den Streit um den Bischof von St. Pölten, Kurt Krenn, erschüttert. Dementsprechend kühl fiel auch der Empfang für den zu dieser Zeit bereits recht gebrechlichen Papst aus: Auf dem Wiener Heldenplatz versammelten sich zur Papstmesse statt der erwarteten 100.000 bloß 50.000 Menschen.

Johannes Paul II. sprach bei dieser Gelegenheit drei österreichische Ordensleute - die im Nationalsozialismus hingerichtete Wiener Ordensschwester Restituta Kafka, den Wiener Arbeiterpriester Anton Maria Schwarz und den Geraser Prämonstratenser Jakob Kern - selig. In seiner Predigt auf dem Heldenplatz verwies er auf den berühmten Auftritt von Adolf Hitler 60 Jahre zuvor an diesem Ort und hielt dem die "Botschaft" der neuen Seligen entgegen: "Sie sagen uns: Nicht in einem Menschen liegt das Heil, sondern: Heil Christus."

Die beiden anderen Gottesdienste in Salzburg und St. Pölten während des dreitägigen Besuches verliefen ohne gröbere Zwischenfälle. Der Papst ging dabei auf die internen Debatten in der Kirche Österreichs mit keinem Wort ein, warnte allerdings unmissverständlich vor jedem Missbrauch des Bischofsamtes. Von Kommentatoren wurde es als "Provokation" gewertet, dass zu Beginn der Messe in St. Pölten Bischof Krenn zum Gebet für Kardinal Groer aufrief - was die anwesenden Gläubigen allerdings großteils mit Applaus quittierten.

Insgesamt nahmen an den Großereignissen während der drei Papstbesuche in Österreich etwa eine Million Menschen teil - rund 600.000 davon bei der ersten Visite 1983. Der Pontifex besuchte sieben der neun Bundesländer und feierte acht öffentliche Messen mit teils Zehntausenden Gläubigen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Johannes Paul Sarg
Religion

Papst-Sarg lockt 250.000 Pilger in 24 Stunden an

Stundenlang warteten Pilger vor dem Petersdom, um zum Sarg von Johannes Paul II. zu gelangen. Am Abend kommt er an seinen endgültigen Platz in der Sebastianskapelle im Petersdom.
Generation Johannes Paul feiert
Religion

Generation Johannes Paul feiert ihren Seligen

Jubel und Freudentränen: Mehr als eine Million Menschen kam zur Seligsprechung des 2005 verstorbenen Papstes auf den Petersplatz. Tausende haben für einen guten Platz die Nacht über auf der Straße ausgeharrt.
polnischer Papst Fuerchten lehrte
Religion

Wie ein polnischer Papst die KP das Fürchten lehrte

Ostpolitik. Johannes Paul II. – der mächtige Mutmacher für die antikommunistischen Kräfte seiner Heimat.
Santo subito ndash seliger
Religion

"Santo subito!" – seliger Johannes Paul II.

Ein Papst wird sechs Jahre nach seinem Tod seliggesprochen. Alles, was er getan oder unterlassen hat, löst sich nun in himmlischer Verklärung auf? Übertreibt die katholische Kirche den Heiligenkult?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.