Weltweite Wut über Datenskandale

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Sony verliert Daten von 77 Millionen Kunden. Apple sammelt die Standorte der iPhone-Nutzer. Europas Regierungen sind in Rage, den Konzernen drohen Millionenklagen. Mittwoch räumte Apple schließlich Fehler ein.

Wien. „Wir verfolgen niemanden. Die darüber kursierenden Informationen sind falsch.“ Mit diesem kurzen E-Mail wollte sich Steve Jobs noch vor wenigen Tagen die Aufregung rund um den Datenskandal im Hause Apple vom Hals halten. Doch seit zwei Forscher veröffentlicht haben, dass der Konzern die Standortdaten vieler iPhone- und iPad-Nutzer unverschlüsselt speichert, will der Proteststurm von Kunden und Datenschützern nicht abreißen.

Am Mittwoch räumte das Unternehmen schließlich doch Fehler ein: Ja, Apple habe zu viele Standortinformationen über lokale Drahtlosnetzwerke (WLAN) gesammelt. Die Absicht dahinter ist, gezielte Werbung auf die iPhones schicken zu können. Die Erlaubnis dazu ließ Apple zwar vor eineinhalb Jahren ins Kleingedruckte der Geschäftsbedingungen schreiben– dass die Daten unverschlüsselt ein Jahr lang gespeichert würden, war jedoch nicht ausgemacht. Wie sich herausstellt, hatten die Nutzer zudem keine Chance, sich dagegen zu wehren. Selbst dann nicht, wenn sie Steve Jobs Rat für solche Fälle befolgten und die Ortungsdienste auf ihrem Gerät vollständig deaktivierten. Apple sammelte die Daten dennoch. Schuld daran sei ein „Software-Fehler“, ließ Apple wissen und versprach ein Update für die kommende Woche, mit dem die Probleme gelöst werden sollen.

Apple räumt Fehler ein

Alles nicht so schlimm also? Der kleine Software-Fehler wird behoben – und das war's? Mitnichten, zumindest nicht für Apple. Denn der Fall erinnert frappant an den Skandal, den Google im Vorjahr in Europa verursacht hat, als bekannt wurde, dass die Kamerawagen von Googles Street View auch Datenschnipsel von lokalen WLAN-Netzwerken abgehört haben. Auch damals war rasch ein „Software-Fehler“ als Schuldiger gefunden.

Seitdem steht Google bei Europas Behörden unter scharfer Beobachtung. Frankreich verdonnerte den Konzern im Vorjahr zu 100.000 Euro Strafe wegen Verletzung des Datenschutzes. Apple könnte nun Ähnliches drohen. Regierungen in Deutschland, Frankreich und Italien wollen nun überprüfen, ob Apple gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen hat. Auch die Apple-Kunden formieren sich: Die ersten haben den Konzern in den USA bereits auf Schadenersatz geklagt.

Datenschützer loben das Eingeständnis von Apple. Die Frage, wie sicher sensible Nutzerdaten in den Händen von Technologieunternehmen sind, ist dennoch aktueller denn je. Das jüngste Beispiel liefert Sony. Name, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, Log-in, Passwörter und – mit ein bisschen Pech– auch die Kreditkartennummern von bis zu 77 Millionen Playstation-Nutzern liegen in den Händen von Unbekannten. Vor knapp einer Woche hatten Hacker das Playstation Network und Sonys Musik- und Filmnetzwerk Qriocity geknackt. Sechs Tage ließ der japanische Konzern verstreichen, bis er seine Kunden über den Verlust der sensiblen Daten aufklärte.

Das könnte den Konzern nun teuer zu stehen kommen. Denn die Wut der Datenschützer und Konsumenten ist groß. Medienberichten zufolge sind bereits die ersten Playstation-Nutzer Opfer von Kreditkartenbetrug geworden. Im Schnitt zahlten Firmen 2010 je Datenpanne 4,8Mio. Euro, schätzt das Ponemon-Institut. Für Sony dürfte es teurer werden, sprechen Experten schließlich heute schon vom bisher größten Datenklau in der Geschichte. Erste Playstation-Nutzer haben bereits Klage gegen Sony eingereicht.

Härtere Gesetze gefordert

Auch Europas Datenschutzkommissionen haben sich in den Fall verbissen. Großbritannien, Irland und Österreich kündigten an, den Konzern zur Rede stellen zu wollen. Der Leiter des Unabhängigen Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, fordert schärfere Gesetze: Konzerne wie Sony, Facebook und Google seien bei Datenskandalen in Europa kaum haftbar zu machen. Nutzer von Online-Netzwerken seien bis dato auf eigenes Risiko unterwegs.

Auf einen Blick

Wie sicher sind unsere Daten bei Technologieunternehmen? Die jüngsten Skandale rund um Apple und Sony verunsichern Nutzer. Datenschützer fordern härtere Gesetze, um internationale Konzerne haftbar zu machen. Den Unternehmen drohen Millionenzahlungen an Nutzer und Staaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)

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