In Österreich leben rund 9500 Briten. Viele von ihnen sind „wegen der Liebe“ gekommen. Wenn sich die Community hierzulande auch wohl fühlt, bleibt sie doch eher unter sich.
Es gibt eine große britische Gemeinschaft in Wien. Und die trifft man im Pub“, sagt Nikki McGregor. Die blonde, zierliche Schottin steht in der Wiener Schleifmühlgasse und zeigt auf das Pub „Johnny's“. Dort finden regelmäßig Quizabende statt, und McGregor bereitet die Fragen vor. Das Thema diesmal: Die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton. Die Prima Causa, so scheint es, beschäftigt nicht nur ganz Großbritannien, sondern auch die Briten in Österreich.
Auch sie werde sich die Hochzeit ansehen, sagt die 35-Jährige. In der Community habe man sich bereits ausgemacht, wer mit wem wo fernsieht. Man müsse nicht Royalist sein, um die Zeremonie zu verfolgen, heißt es einhellig in der Wiener britischen Gemeinschaft. Es gehe schlicht und einfach um das Event.
McGregor lebt in Österreich, seit sie sieben ist. Als erstes Familienmitglied sei ihr Onkel in das Burgenland eingewandert – um Schafe zu züchten. Später ist die ganze Familie nachgekommen. Sie selbst ist in Wien aufgewachsen und zur Schule gegangen – ihr Freundeskreis sei dennoch mehrheitlich britisch, so McGregor. Überhaupt „bleiben viele Briten unter sich“. Vor allem jene Frauen, die ihren Männern nach Österreich gefolgt sind. „Es gibt ,Babygruppen'. Da tauschen sich die Mütter aus, und die Kinder spielen miteinander.“ Zudem falle es vielen schwer, Deutsch zu lernen.
Dem fügt der Londoner Designer Simon Tyrell hinzu: „Die meisten Österreicher können gut Englisch.“ Tyrell lebt seit zwei Jahren in Wien und betreibt eine kleine Möbelwerkstatt in Ottakring (siehe auch Text unten). Im Gegensatz zu London sei Wien „wie Urlaub“ für ihn. Nach Österreich ist er gekommen – wie „die meisten anderen auch“, heißt es in der Community – der Liebe wegen. Wenn er auch von allen möglichen Annehmlichkeiten Wiens schwärmt – an manches musste sich Tyrell erst gewöhnen. Daran, dass die Ampel für Fußgänger und Autos gleichzeitig grün wird („Da muss man doch jemanden überfahren“). Und daran, dass die Österreicher bisweilen wenig Humor hätten. „Wir machen gerne Witze, sind gerne albern. Das kommt bei den Wienern nicht immer gut an.“
„Gute Ausländer“
In Österreich leben rund 9500Briten. Sie arbeiten entweder in der UNO-City, in internationalen Unternehmen, als Lehrer, Kellner oder sind Studenten. Zwar gehe man abends in ein Pub, um Freunde zu treffen – aber auch, um Cricket, Rugby oder Fußball zu schauen, sagt McGregor. Tagsüber stehen viele Briten selbst auf dem Feld. In Hietzing etwa trainieren rund 65Frauen in der Rugby-Nationalmannschaft („Women's Rugby, Austria“). „Zuerst waren wir nur Englischsprachige“, sagt Renée Carmine-Jones, die vor rund 15Jahren das Team gegründet hat. Mittlerweile sei das Team „sehr bunt“. Sport, so Carmine-Jones, sei daher eine gute Möglichkeit, um mit den Österreichern in Kontakt zu kommen.
Die Österreicher selbst werden von den meisten Briten als (gast-)freundlich und zuvorkommend beschrieben, aber auch als vorsichtig und „nicht herzlich“, wie McGregor sagt. Auch eine andere Sache stört sie – der Umgang mit den Migranten: „Mir ist im Magistrat schon einmal gesagt worden, ich bin ein guter Ausländer.“
Zurück nach Schottland wolle sie allerdings nicht. Ihre Kinder würden in Wien – einer „sicheren Stadt“ – die bessere Ausbildung bekommen. Und hier habe ihre Familie letztlich mehr Lebensqualität – sagt sie und bereitet die weiteren Fragen für das Quiz im Pub vor.
Dort trifft sich am Abend dann nicht nur die britische Community. Auch Österreicher kommen gerne. Die Teams sind durchaus gemischt, die Fragen werden auf Englisch und Deutsch vorgelesen. Eine der leichteren Fragen: Wann wurde Prinz William geboren?
Auf einen Blick
London in Wien. In Österreich leben rund 9500 Briten. Viele von ihnen haben einen österreichischen Partner.
Hochzeit. Während die Austro-British Society einen ausgewählten Kreis in die britische Botschaft eingeladen hat, steht allen anderen die Wiener Lugner City offen: Dort wird ab zehn Uhr die Hochzeit live übertragen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)
