Wie ein polnischer Papst die KP das Fürchten lehrte

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polnischer Papst Fuerchten lehrte(c) Dapd (Vatikan Handout/AP)
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Ostpolitik. Johannes Paul II. – der mächtige Mutmacher für die antikommunistischen Kräfte seiner Heimat.

Wien. Am 2.Juni 1979 begab sich auf dem Flughafen von Polens Hauptstadt Warschau Welthistorisches: Der polnische Priester Karol Józef Wojtyła, seit 1978 Papst Johannes Paul II., kam zu seiner ersten von drei „Pilgerreisen“ in die Heimat zurück. Im Angesicht der angetretenen kommunistischen Staatsführung küsste der „Klassenfeind“ in Weiß den heimatlichen Boden – hunderttausende Landsleute jubelten. Sie verstanden das Signal. Die KP-Führung auch.

Seit 1970 schon gärte es im Land, das sich trotz sowjetischer Knebelung seine tiefe katholische Verwurzelung nicht hatte rauben lassen. Schwere Unruhen in der Hafenstadt Danzig signalisierten das Ende der Altstalinisten. Ein neuer KP-Generalsekretär, Edward Gierek, sollte das Feuer löschen.

Aber die intellektuelle und moralische Führung war längst an die katholische Kirche übergegangen. Der härteste Brocken für die Kommunisten war der unbeugsame Primas Stefan Wyszynski. Und nun also kam der frühere Krakauer Erzbischof Wojtyła als Papst!

Die Begeisterung für diesen ersten Popstar der Kirche war überwältigend – und ein Warnsignal für den Weltkommunismus. Der Vatikan war, wie Tony Judt in seiner „Geschichte Europas“ analysiert, von der kosmopolitischen Haltung Pauls VI. in den Angriff übergegangen. Wojtyła gab sich nicht mehr damit zufrieden, das passive Überleben des Christentums unter KP-Dominanz abzusichern. Das war zwar gegen den Geschmack der römischen Kurie, aber für die Polen eine starke Ermutigung.

Kardinal Königs Mission

Ein Jahr später befand sich Polen in Aufruhr: Streiks im ganzen Land, an der Spitze die Arbeiter der Danziger Lenin-Werft, angeführt vom Elektriker Lech Walesa. Er erzwang im August 1980 die Anerkennung seiner freien Gewerkschaft „Solidarität“. Erstmals standen einander Arbeiter und Parteiapparat auf Augenhöhe gegenüber. Zehn Millionen Mitglieder hatte Walesas Organisation mit einem Schlag.

Einen kleinen Beitrag zu dieser Umwälzung, die letztlich das Ende des „Ostblocks“ bewirken sollte, haben auch die Österreicher geleistet. Es war Wiens Erzbischof Kardinal Franz König, der – obwohl selbst „papabile“ – 1978 den Krakauer Mitbruder für den Papstthron empfohlen hatte. Hubert Feichtlbauer erinnert sich an die verschwiegenen Pendelmissionen Königs, um die Stimmung für Wojtyła aufzubereiten. Letztlich, so urteilt der Kirchenexperte, waren es die amerikanischen Kardinäle, die den Ausschlag für den ersten polnischen Papst der Geschichte gaben.

Christgewerkschafter halfen

Und als die „Solidarität“ 1981 einen herben Rückschlag hinnehmen musste, halfen ihr Österreicher über die nächsten bitteren Jahre hinweg. Der neue Machthaber, General Jaruzelski, verhängte am 13.Dezember 1981 das Kriegsrecht. Eine Verzweiflungstat, um das Land vor einem Einmarsch sowjetischer Truppen zu schützen. Die „Solidarität“ verschwand in die Illegalität. Sehr zum Unwillen der sozialistischen Mehrheit im ÖGB ermannten sich die Christgewerkschafter erstmals zu eigenständigem Handeln. Es waren Männer wie Hans Gassner, Hans Klingler und Günter Engelmayer, die der Untergrund-„Solidarität“ Hilfe zukommen ließen. Druckwerke, Medikamente und Devisen wurden nach Polen geschmuggelt. Mit Begeisterung erinnern sich heute noch Mithelfer der damaligen Jungen ÖVP an abenteuerliche Schmuggelfahrten nach Polen unter Kriegsrecht.

Die Sache ging erfreulich aus. 1989 kam es zwischen Regierung und Opposition zu Verhandlungen am runden Tisch, die „Solidarität“ wurde legalisiert, gewann im selben Jahr die Parlamentswahl – und Tadeusz Mazowiecki aus ihren Reihen wurde der erste nicht kommunistische Regierungschef Polens. Der Flächenbrand griff auf das gesamte Sowjetimperium über.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2011)

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