Polizei prüft Tierschützereinsatz

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Ähnlich wie die Justiz wird auch die Exekutive ihr Vorgehen gegen die Tierrechtsaktivisten evaluieren. Die Grünen hatten vier hohe Beamte der Soko angezeigt. Vorwürfe gegen Soko-Chef Zwettler ohne Folgen.

Wien. Nach der Ankündigung von Justizministerin Beatrix Karl, den Prozess gegen die Tierschützer zu evaluieren, wird auch die Polizei ihr Vorgehen in dieser Causa prüfen. „Nach Abschluss aller Gerichtsverfahren wird es eine Evaluierung der gesamten polizeilichen Amtshandlung geben“, erklärte am Mittwoch das Innenministerium auf Anfrage der „Presse“.

Zu den Vorwürfen gegen Erich Zwettler, den Leiter der Sonderkommission (Soko), die etliche Monate intensiv gegen die Tierschützer ermittelt hatte, heißt es: Interne Konsequenzen gegen ihn seien derzeit nicht angedacht. Ministeriumssprecher Rudolf Gollia: „Dazu gibt es keine Notwendigkeit.“ Zwettler ist Leiter des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), während der Ermittlungen in der Tierschützerszene war er noch im Bundeskriminalamt tätig.

Wie berichtet, haben die Grünen vier hohe Beamte der Soko angezeigt. Darunter auch Zwettler. Es geht um Missbrauch der Amtsgewalt, Freiheitsentziehung, falsche Beweisaussage und Urkundenunterdrückung (es gilt die Unschuldsvermutung). Richterin Sonja Arleth hatte bereits am Montag in ihrer Urteilsverkündung Zwettler scharf kritisiert: So habe er ausgesagt, dass die verdeckte Ermittlung „ein paar Monate gelaufen“ ist, so Arleth aus den Protokollen zitierend. „Die ist bitteschön 15 Monate gelaufen. Da muss man sich fragen, was versteht man unter 15 Monaten?“ Die Aussagen Zwettlers, wonach es ab 2008 keine verdeckten Ermittlungen mehr gab, sei eine „schlichte Schutzbehauptung“ gewesen. Die Rechtsgrundlage für den Einsatz – es hätte einer Anordnung der Staatsanwaltschaft bedurft – habe gefehlt. Und deshalb habe man den Bericht wohl auch nicht in den Akt gegeben, mutmaßte Arleth.

Nicht korrekt ausgesagt habe Zwettler auch in Bezug auf seinen angeblichen Wissensstand über den Einsatz einer Vertrauensperson (VP). Die Befragung des VP-Führers habe eindeutig ergeben, dass aber gerade die Soko-Leitung sich nach der Möglichkeit eines VP-Einsatzes erkundigt habe, so Arleth. Nun ist die Korruptionsstaatsanwaltschaft am Zug. Zwettler wollte am Mittwoch zu den Vorwürfen gegen ihn nicht Stellung nehmen. Gerhard Pürstl, Wiens Polizeipräsident und als solcher Vorgesetzter Zwettlers, ließ ausrichten, als Soko-Leiter sei Zwettler damals noch im Bundeskriminalamt tätig gewesen. Und auch dort wollte man dazu nichts sagen. Ein hoher Polizeijurist, der Zwettler seit Jahren kennt, meint, dieser werde „alles aufklären können“.

Balluch lässt sich für Aktion einsperren

Unterdessen setzt Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT), seine Arbeit fort: Aus Protest gegen das „Einsperren von Mutterschweinen in enge Eisenkäfige“ hat er sich selbst in einem solchen einquartiert und will einen ganzen Tag lang dort ausharren. Die Grünen unterstützen die Aktion und appellierten in einer Reaktion für ein Kastenstand-Verbot. Ziel der Aktion ist laut VgT die Bewusstseinsbildung für die Situation von 300.000 österreichischen Zuchtschweinen, die in diesen körpergroßen Käfigen ihr Dasein fristen. Als Hauptargument für die gängige Praxis wird angeführt, dass die Sau ihre Ferkel ansonst erdrücken würde. Tierschützer widersprechen dem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2011)

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