Und täglich grüßt die Vermögenssteuer

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Kaum wurden Banken- und Spekulationssteuer eingeführt und ausgeweitet, fordert die SPÖ schon wieder mehr davon. Ein guter Lackmustest für Michael Spindelegger.

Das nennt man Kontinuität. Michael Spindelegger kann genau dort weitermachen, wo Josef Pröll gerade aufgehört hat: als Gefangener in der sinnlosesten politischen Konstruktion, bekannt unter dem irreführenden Titel „Große Koalition“. In einer solchen versuchen zwei Parteien, die sich inhaltlich viel ähnlicher sind, als es ihre Parteichefs zugeben, Positionen einzunehmen und Forderungen zu erheben, die dem ähneln, was Politologen gern als „Ecken und Kanten“ bezeichnen. Da sich aber keiner durchsetzen kann – das würde der jeweils andere Partner politisch kaum überleben –, muss ein Kompromiss gefunden werden. Dafür werden die zuvor mühevoll konstruierten „Ecken und Kanten“ wieder geschliffen, wie Chronisten der vergangenen 20 Sparpakete und Reformen wissen. Das Ganze nennt man österreichische Innenpolitik und lässt sich wieder schön bei der Debatte um das Ende der Wehrpflicht beobachten, die so absurd verläuft, dass inzwischen nicht einmal mehr SPÖ und ÖVP den Überblick haben, welchen Standpunkt sie jeweils gerade vertreten.

In einem mindestens ebenso sensiblen Bereich könnte der Wechsel von Pröll zu Spindelegger in Kombination mit Werner Faymann, der seit Monaten vor Heinz-Christian Strache erstarrt, eine Änderung – oder besser: Verstärkung ergeben. Der Sozialdemokrat und der neue Christlichsoziale wollen beide finanziell mehr für sozial Schwache. Die SPÖ möchte etwas mehr für Senioren mit kleinen Pensionen, die ÖVP für kinderreiche Familien tun. Dass es beide Gruppen schwerer in unserer Gesellschaft haben, ist unbestritten. Aber dass der Schuldenstand der Republik zu hoch für weitere Sozialausgaben ist, weiß längst nicht nur der kühle Rechnungshofpräsident. Was also läge in einem Hochsteuerland näher, als weitere Steuern einzuführen oder dies zumindest zu verlangen. Die SPÖ macht das seit Jahren so, sie hat so bereits die Ausdehnung der Spekulationssteuer auf alle Aktiengewinne, die übrigens mehrheitlich mit bereits einmal besteuertem Einkommen erzielt wurden, durchgesetzt. Auch die Banken wurden mit einer Spezialsteuer bedacht. Dass ein privates Unternehmen eine höhere Belastung durch den Staat am Ende immer an den Kunden weitergibt, ist logisch; Gewinnmargen verlangt jeder normale Unternehmer und Aktionär. Nicht wenige, die die Banken gern als Verantwortliche für die Unbill unserer modernen Welt ausgemacht haben, verdienen übrigens gut und gern mit kleinen und großen Aktiengewinnen, die dann individuell plötzlich nicht mehr Spekulationen heißen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günter Kräuter hat zu dem Thema in der „Presse“ eine interessante Drohkulisse errichtet: Steigen die Gewinne bis Herbst „weiter, ist eine Erhöhung der Bankensteuer legitim“. Das ist aus SPÖ-Sicht also logisch: Wer hohe Gewinne erzielt, zahlt einfach so lange so viel Steuer, bis er kleine oder keine mehr macht. Darüber hinaus wollen Teile der SPÖ die Einführung weiterer Vermögenssteuern – mit Spekulations- und Zinsertragssteuer gibt es solche bereits.

Wie bestellt zur Steuerdebatte stellt die OECD am Mittwoch einmal mehr ein schlechtes Zeugnis für die österreichische Steuerlast aus. Höher wird Arbeit nur in wenigen Ländern besteuert und unattraktiv gemacht. Nun könnten Vermögenssteuerverfechter einwenden, dass man die Arbeit entlasten und gleichzeitig zwecks Finanzierung Vermögen belasten sollte. Das Problem dabei ist, dass genau dieser Mechanismus nie passiert. So wie beim vergangenen Budget werden zwar Steuern eingeführt und/oder erhöht, die Lohn- oder Einkommensteuer wird aber nie im Gleichklang gekürzt. Wenn, dann wird Arbeitnehmern nur knapp vor den Wahlen weniger Abgaben auf dem Lohnzettel in Aussicht gestellt.

Finanzministerin Fekter hat den Forderungen nach mehr Steuern für „Reiche“ – für die SPÖ beginnen diese bei einem Vermögen von einer Million, für den ÖGB darunter, wer weiß, wen es sonst noch erwischt – eine Absage erteilt. Es steht zu befürchten, dass sich Spindelegger dank ausgeprägter Harmoniesucht da kompromissbereiter gibt. Genau an dieser Frage wird er aber zu messen sein. Nicht an ORF-Besetzungen oder Bundesheer-Reförmchen.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2011)

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